Gesellschaftliche und demografische Entwicklungen machen auch vor den Kleingärten nicht Halt. Angesichts von mehr als 80.000 Gartenfreunden eine gesellschaftliche Herausforderung - aber offensichtlich auch eine gefundenes Fressen für eifrige Kommunalwahlkämpfer, die mit einem überflüssigen Analyseauftrag Pluspunkte vor Ort sammeln wollten. Dass sich die Koalition auf derart durchschaubare Manöver nicht einlassen würde, hätten die LINKEN eigentlich ahnen können.
Mit ihrem Antrag „Kleingartenwesen verstärkt in landespolitischen Fokus nehmen" (Drs. 6/2744) hat die einbringende Fraktion DIE LINKE wenig originell versucht, das Thema Kleingärten für die Kommunalwahlen zu besetzen. Im Antrag wird suggeriert, das Thema sei nicht im Fokus der Landesregierung. Er fordert deshalb eine Analyse der Situation des Kleingartenwesens und eine Definition der Handlungsfelder, welche in der Begründung allerdings gleich genannt werden, was eine Analyse ohnehin überflüssig machen würde. Die Haupthandlungsfelder sind: Leerstand, Gemeinnützigkeit, Pachten und Abwasser.
Peter Ritter (DIE LINKE) zeigte sich zunächst „bitter enttäuscht", dass SPD-Fraktion und Agrarministerium schon vor Beginn der Debatte ablehnende Presseerklärungen abgegeben hätten. Anlass seines Antrages sei aber nicht der Kommunalwahlkampf, sondern ein offener Brief des Landesverbandes der Kleingartenfreunde, die seit geraumer Zeit erfolglos auf einen Gesprächstermin beim Innerminister warteten, um einige wichtige Themen zu beraten. Die Kleingärtner fühlten sich mit ihren Problemen allein gelassen und es reiche nicht aus, dass Thema Kleingartenwesen beim Landwirtschaftsministerium festzumachen, weil die Sachverhalte dafür zu komplex seien, wie z.B. auch das Thema Zweitwohnsteuer oder Abwasser gezeigt habe.
Finanzministerin Heike Polzin, die erneut für den erkrankten Till Backhaus einsprang, betonte, dass innerhalb der Landesregierung Einigkeit darüber bestehe, dass das Kleingartenwesen in M-V eine wichtige gesellschaftliche, soziale und ökologische Funktion habe. Der Mehrwert der Kleingärten sei unbestritten. Die andererseits bekannte problematische Entwicklung müsse man als Herausforderung verstehen und ihnen mit kreativen Ideen begegnen. Zuletzt habe man mit den Seniorengärten ein Instrument geschaffen, älteren Vereinsmitgliedern den Verbleib auf ihrer Parzelle zu erleichtern. Aber auch andere Ideen, wie Generationengärten und Schulgärten seien interessant. Der besondere Stellenwert der Kleingärten zeige sich auch in der fortlaufenden Förderung des Kleingartenwesens. So erhielten Kleingartenvereine Fördermittel für Vereinsheime, Außeneinfriedungen, Kinderspielplätze, Erholungs- und sanitäre Einrichtungen, Anlagen zur Abwasserentsorgung, Pflanzungen von Bäumen und Gehölzen sowie Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit. Weiter wurde speziell die Anpassung der Abwasserentsorgung an den Stand der Technik gefördert. Mit dem Landeskleingartenausschusses sei durch die Landesregierung ein funktionierendes Sprachrohr geschaffen worden. Das heißt, dass die Landesregierung mit den vielen Facetten dieses Bereiches bestens vertraut und ein neuer Bericht zur Situation des Kleingartenwesens nicht nötig sei, zumal es bereits bundesweite und sehr fundierte Studien gebe, in die M-V sehr umfassend eingebunden war.
Auch Detlef Lindner von der CDU warf der LINKEN vor, der Koalition ungerechtfertigter Weise Untätigkeit vorwerfen zu wollen, obwohl das Thema sogar im Koalitionsvertrag breiten Raum einnehme. Er wolle die Gelegenheit nutzen, den Kleingärtnern seinen Dank auszusprechen und schlage auch einen Preis für kreative Ideen zur Lösung der bekannten Probleme vor. Der Landwirtschaftsminister solle die Ausschreibung so eines Preises prüfen. Damit wolle er auch andeuten, dass nicht alle Probleme durch das Land gelöst werden könnten, die Regierung sei aber bereit, dort wo möglich, Hilfestellung zu geben.
GRÜNEN-Rednerin Ursula Karlowskí unterstützte das Anliegen der LINKEN. Letztendlich plädiere aber auch ihre Fraktion für innovative Ideen, um den Problemen zu begegnen, wobei sich zeigte, dass diese über die bereits genannten Senioren-, Schul- und Generationengärten nicht besonders weit hinaus gingen. Neu war lediglich der Hinweis auf die interkulturellen Gärten, wie sie bereits in Neubrandenburg und Rostock Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlichen kulturellen Hintergrunds beim Gärtnern zusammenbringen.
Die Kleingarten-Expertin der SPD-Fraktion, Stefanie Drese, stellte auch noch einmal klar, dass die Landesregierung nicht zum Handeln aufgefordert werden müsse. Die Fakten lägen auf dem Tisch und mit der Antwort auf eine kleine Anfrage seien die nötigen Informationen eigentlich schon gegeben. Im Mittelpunkt der Diskussion um die Zukunft des Kleingartenwesens stehe ihrer Auffassung nach vordergründig die Leerstandsproblematik. Man dürfe nicht die Augen davor verschließen, dass es in Bezug auf den Leerstand von Kleingärten zwischen den größeren Städten und dem ländlichen Raum gravierende Unterschiede gebe. Während in größeren Städten zunehmend wieder jüngere Familien in Kleingärten zu finden seien, fehle es im ländlichen Raum oftmals an interessierten Menschen um die bisherige Größe von Gartenanlagen aufrechterhalten zu können.Die Zusammenlegung von Anlagen und der Rückbau dürfe daher kein Tabuthema mehr sein. Im Landeskleingartenausschuss sei das Landwirtschaftsministerium gemeinsam mit den Kommunen, Verbänden und weiteren Partnern ständig zu diesem Thema im Dialog, die SPD-Landtagsfraktion thematisiere die Probleme der Kleingärtner auf jeder ihrer kommunalpolitischen Veranstaltungen. Dabei seien erste Erfolge zu verzeichnen. So sei etwa kürzlich die Gemeinnützigkeitsrichtlinie dahingehend angepasst worden, dass älteren Vereinsmitgliedern der Verbleib auf ihrer Parzelle erleichtert wird. Die genannten Beispiele ihrer Vorredner verdeutlichten, dass es bereits gute Ideen und Konzepte für das zukünftige Kleingartenwesen gebe. Die Kleingärtner im Land bräuchten im Übrigen praktische Hilfe und nicht die Dauerforderung der Linksfraktion nach immer neuen Berichten zur Situation des Kleingartenwesens.
Peter Ritter zeigte sich am Schluss der Debatte eher fatalistisch denn kampfeslustig. Wenn die Koalition bereits alles täte und mit den seiner Auffassung nach veralteten Studien zur Situation des Kleingartenwesens zufrieden sei, könne man auf eine weitergehende Beratung im Ausschuss verzichten. Auch die GRÜNEN zogen daraufhin ihren Überweisungswunsch zurück.
Der Kleingarten-Antrag der LINKEN wurde letztendlich mit den Gegenstimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt. Die GRÜNEN stimmten "solidarisch" für den Antrag ihrer Oppositionskollegen.