Unter dem Titel „Erfolgreicher Schulstart 2014/2015" hat der Landtag heute seine Aktuelle Stunde bestritten. Vorschlagsrecht hatte die SPD-Fraktion, die damit den reibungslosen Beginn des Schuljahres 2014/15 in den Fokus der Öffentlichkeit rücken, aber auch auf die Wirksamkeit des 50 Mio. Euro Bildungspaketes verweisen konnte. Um den Titel der Aktuellen Stunde gab es im Vorfeld eine kleinliche Debatte der Opposition, weil es sich beim Wort "erfolgreich" um eine geschäftsordnungsmäßig unzulässige Wertung handeln könnte.
SPD-Schulexperte Andreas Butzki belegte dann auch anhand von aktuellen Pressezitaten, dass in der Vergangenheit kaum ein Schulstart so harmonisch verlaufen sei wie in diesem Jahr. Dazu hätten alle Schulleitungen mit ihren jeweiligen Kollegien, die Schulräte mit ihren Verwaltungen sowie auch Minister Mathias Brodkorb mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bildungsministerium einen erheblichen Beitrag geleistet. Aber auch das von der Koalition aufgelegte 50-Millionen-Euro-Paket bedeute einen Quantensprung für die Bildungspolitik im Land. Seit diesem Schuljahr stünden diese Mittel für eine bessere Schule jährlich zusätzlich zur Verfügung und entfalteten nun ihre Wirkung. Besonders erfolgreich sei dabei die Neueinstellung von Lehrerinnen und Lehrern. Durch die Verbeamtung, durch attraktive Rahmenbedingungen und durch eine äußerst gelungene Lehrerwerbekampagne des Bildungsministeriums konnten 565 junge Lehrerinnen und Lehrer und 55 Erzieherinnen und Erzieher mit sonderpädagogischen Aufgaben für Bundesland gewonnen werden. Natürlich gebe es auch weiterhin Verbesserungsbedarf. Die Schwarzmalerei der Opposition - in Pressemitteilungen vom Jahresanfang dokumentiert - habe sich aber als krasse Fehleinschätzung erwiesen.
CDU-Bildungsexperte Marc Reinhardt würdigte auch das 50 Mio. Euro-Programm, durch das u. a. die Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern auf den Weg gebracht worden sei. Die CDU habe in ihrem Wahlprogramm 2011 als einzige Partei die Verbeamtung von Lehrkräften gefordert und damit eine wichtige bildungspolitische Forderung umgesetzt. Ein langjähriger Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Bundesländern konnte damit abgebaut werden. Die hohe Zahl der Schulabbrecher, unbesetzte Schulleiter-Posten und das gesamte Thema Inklusion blieben aber Herausforderungen für die Bildungspolitik in M-V. Deshalb dürfe man sich natürlich nicht auf den Erfolgen ausruhen.
Ulrike Berger von den GRÜNEN bezeichnete den reibungslosen Schulanfang als Mindestanforderung an einen Bildungsminister. Ansonsten hätten auch die Bäcker eine Aktuelle Stunde verdient, weil sie den Teig für die Brötchen rechtzeitig für das Frühstück in den Ofen geschoben hätten. Selbstverständlich sei jeder Schuljahresstart für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bildungsministerium, in den Schulämtern und Schulen mit einem großen Arbeitsaufwand verbunden. Es sei aber kein Grund, dass sich der Minister dafür politisch feiern lasse. Für ein transparentes Regierungshandeln sei es im Übrigen ein schlechter Schulstart gewesen, denn für die Verteilung der Förderstunden gebe es seit diesem Schuljahr keine nachvollziehbaren Kriterien mehr. Der Bildungsminister erschwere auch den freien Schulen nach wie vor einen gelungenen Schulstart, weil millionenschwere Mittelkürzung noch nicht zurückerstattet worden seien. Daneben kritisierte sie sie Zunahme bei den Klassenstärken und die Argumentation des Ministers, dass diese nicht maßgeblich für den Schulerfolg seien.
Der soeben angegriffene Bildungsminister reagierte gelassen. Mathias Brodkorb sagte, dass ein derart reibungsloser Schulstart eben keine Selbstverständlichkeit sei. Das Schulwesen in M-V sei personell wie ein größerer Konzern aufgestellt - mit 150.000 Dauerkunden und 12.000 Mitarbeitern. Selbstverständlich hätten auch die Bäcker Respekt verdient, aber Lehrer seien nun einmal Mitarbeiter des Staates, und deshalb sei ihre Leistung auch durch das Land zu würdigen, zumal es ebenfalls keine Selbstverständlichkeit sei, ein 50 Mio. €-Programm so erfolgreich umzusetzen. Als Grund für den Missmut der Opposition diagnostizierte Brodkorb deren falsche Prophezeiungen der Vergangenheit. Die Opposition habe sich offensichtlich eine Krise gewünscht, um diese parteipolitisch auszuschlachten. Für den reibungslosen Start bedanke er sich bei den Kolleginnen und Kollegen in den Schulen, in den Staatlichen Schulämtern und im Bildungsministerium. Selbst die Opposition, Lehrergewerkschaften und Verbände hätten einräumen müssen, dass es einen geräuschlosen Schulstart gegeben habe und die Bemühungen der Landesregierung um eine kontinuierliche Personalpolitik Früchte getragen hätten. Das verstehe er als Lob und könne dies nur weiterreichen.
LINKEN-Fraktionschef Helmut Holter nannte das Thema der Aktuellen Stunde dennoch ein Eingeständnis, dass es in den vergangenen Jahren eine Misere gab. Auch er bezeichnete den reibungslosen Schulstart als Selbstverständlichkeit wie das Funktionieren von Bus und Bahn oder einer Bäckerei. SPD-Redner Butzki warf er vor, diese Lobhudelei doch aus DDR-Zeiten kennen zu müssen. Amüsant fand Holter, dass die CDU die Verbeamtung von Lehrern jetzt offensichtlich als ihr Verdienst feiere, so dass die SPD lediglich Leitlinien der Christdemokraten umsetze. Kritik übte Holter daran, dass bei den Neu-Einstellungen Absolventen aus Mecklenburg-Vorpommern unterproportional berücksichtigt wurden und dass Grundschullehrer nach wie vor weniger verdienen würden als ihre Kollegen anderer Schularten.
Bildungsminister Brodkorb wies den Vorwurf zu wenig eingestellter Absolventen aus MV zurück. Die Mauer sei weg und die Menschen seien frei. Die Schulleiter wählten nun einmal die besten Bewerber aus und Schulen seien keine Beschäftigungsgesellschaften für Lehrer, sondern Dienstleister für die Schüler. Auch die erwähnten Grundschullehrer würden in MV nicht schlechter behandelt als in anderen Bundesländern – hätten aber deutschlandweit die geringsten Unterrichtsverpflichtungen.
SPD-Schulexperte Butzki antwortete am Ende der Debatte auch noch auf die Vorwürfe der GRÜNEN bzgl. der steigenden Klassenstärken: Im Durchschnitt habe das Land immer noch die geringsten Klassenstärken, auch wenn es vereinzelt Ausreißer gebe. An diesen Ausreißerstandorten aber nicht sofort neue Klassen einzurichten, sorge dafür, dass auch Schulstandorte in dünner besiedelten Regionen erhalten bleiben könnten, ohne zusätzliche Kosten zu haben. Ansonsten habe die Verbeamtung viele junge motivierte Lehrer und Referendare an die Schulen gebracht. Auch die Zahl der unbesetzten Schulleiterstellen habe durch neue Vergütungsmöglichkeiten drastisch abgenommen. Vor diesem Hintergrund sei die Feststellung eines erfolgreichen Schulstarts 2014/15 keine Wertung, sondern ein Fakt. Das sollte auch die Opposition anerkennen, die im Vorfeld eine kleinliche Geschäftsordnungsdebatte über den Titel der aktuellen Stunde geführt hatte.