Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der NSU-Terrorserie ist es heute zu einem regelrechten Eklat um fehlende Akten gekommen. Daraufhin wurde ein Zeuge umgehend ausgeladen. Anschließend sagten Ex-Innenminister Lorenz Caffier und weitere Mitarbeitende des Landesverfassungsschutzes aus.
Dazu sagt Susann Wippermann, SPD-Obfrau im Untersuchungsausschuss: „Heute ist uns bekannt geworden, dass einem Zeugen in Vorbereitung auf dessen heutige Vernehmung durch den Verfassungsschutz Akten vorgelegt worden sind, die wir als Ausschuss selbst gar nicht hatten - obwohl wir sämtliche Aktenbestände angefordert hatten. Das ist ein wirklich unglaublicher Vorgang. Offenbar bewertet der Verfassungsschutz eigenmächtig, ob Akten der Beweisbeschlüsse vollständig geliefert werden. Diese Bewertung obliegt jedoch uns als Ausschuss. Unser Vertrauen in die Transparenz und das Aufklärungsinteresse des Verfassungsschutzes ist aufgebraucht. Wir fordern nach wie vor die vollständige und ungeschwärzte Vorlage sämtlicher Akten. Sonst kann ein Untersuchungsausschuss nicht ansatzweise sinnvoll arbeiten.“
Julian Barlen, Sprecher der SPD-Fraktion gegen Rechtsextremismus, sagt: „Lorenz Caffier ist seiner Linie seit 2011 treu geblieben. Man habe bezüglich des NSU bis zur Enttarnung als Landesbehörde nichts gewusst und daher auch nichts ausrichten können. Alles andere sei hypothetisch.
Intensive Nachfragen beispielsweise zu frühzeitigen Erkenntnissen über Unterstützungsstrukturen des Terror-Trios blieben weitgehend unbeantwortet. Der Komplex ‚Weißer Wolf‘ bleibt zentral. Lorenz Caffier waren - wie schon seinem ehemaligen Leiter des Landesverfassungsschutzes - keine Informationen bekannt, dass Hinweisen auf eine Spende an den ‚Weissen Wolf‘ nachgegangen worden wäre. Das Geld kam vom NSU. Warum die im zeitlichen Zusammenhang mit der Spende erschienene Ausgabe 18 des Magazins mit dem Hinweis auf ,den NSU‘ nicht ausgewertet worden sei, konnte Caffier auch im Nachhinein nicht aufklären. Im Lichte weiterer Zeugen des Bundesverfassungsschutzes und auch des Landesverfassungsschutzes müssen wir ganz klar festhalten: 2002 wurde seitens des Landesverfassungsschutzes durch handfeste Fehler definitiv die Chance vertan, eins und eins zusammenzuzählen, um den NSU ergreifen zu können.“
22. Januar 2021