Elektroautos sind relativ teuer, haben geringe Reichweiten und ihre Fahrer sind immer auf der Suche nach der nächsten Steckdose. Trotzdem gilt Elektromobilität als einer der Schlüssel zur Erreichung der ehrgeizigen Klimaziele, es besteht also Handlungsdruck - auch und gerade im Flächen- und Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern.
Mit ihrem Antrag „Elektromobilität als wirtschaftliche, umweltpolitische und gesellschaftliche Chance weiterentwickeln" (Drs.-Nr. 6/3624) haben die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU die Landesregierung heute aufgefordert, sich gegenüber der Bundesregierung für eine Prüfung zusätzlicher Kaufanreize von Elektrofahrzeugen für private und gewerbliche Nutzer in Form geeigneter finanzieller Förderinstrumente, und für die weitere Entwicklung geeigneter rechtlicher Rahmenbedingungen bei der Fortführung der Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich der Elektromobilität sowie im Bereich der internationalen Standardisierung einzusetzen.
Wirtschaftsexperte Jochen Schulte von der einbringenden SPD-Fraktion betonte dass Elektromobilität nicht nur gut fürs Klima sei, sondern auch eine wirtschaftspolitische Chance für die weitere Entwicklung unseres Landes sei. Dabei gehe es der Koalition vor allem darum, die Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu unterstützen, die an der Wertschöpfungskette von der Forschung und Entwicklung bis hin zur Produktion als Zulieferer partizipierten. Diese Unternehmen und Einrichtungen gebe es durchaus in MV. Zudem sei die Energiewende und die Nutzung alternativer Antriebe und Kraftstoffe im Verkehr eng miteinander verknüpft. Die verstärkte Nutzung von Elektromobilität bei PKW und Elektrofahrrädern ersetze fossile Energieträger, reduziere den CO²-Ausstoß und könne letztendlich erhebliche Synergien für eine umfassende Nutzung erneuerbarer Energie schaffen. Um die Elektromobilität aus ihrem ‚Dornröschenschlaf' zu wecken, müssten aber zunächst die grundlegenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dabei gehe es um Kaufanreize wie eine Verlängerung der KfZ-Steuerbefreiung, aber auch um den Aufbau der notwendigen Versorgungsinfrastruktur wie Ladestationen. Wichtig sei darüber hinaus die Einbindung der Elektrofahrzeuge in ein nachhaltiges Gesamtkonzept für Mobilität in unserem Land.
Energie- und Verkehrsminister Christian Pegel ergänzte, dass die Energiewende in der öffentlichen Debatte oft auf das Thema Strom reduziert werde. Aber neben der Stromwende meine die Energiewende natürlich auch die Wärme- und vor allen Dingen die Mobilitätswende. Die E-Mobilität sei dabei ein Riesenthema, weil trotz aller technischen Fortschritte im Verkehrssektor nur eine geringe CO2-Minderung zu verzeichnen sei. Das sei vor allem der Zunahme des motorisierten Individualverkehrs geschuldet. Und in Metropolen wie Berlin oder Hamburg sei aufgrund der kurzen Strecken E-Mobilität deutlich einfacher für eine breite Masse nutzbar als in unserem Flächenland. Doch auch in MV müsse man mit den Anforderungen der e-mobilen Gäste umgehen. Deshalb könne insbesondere die Tourismusbranche ein Impulsgeber sein. E-Mobile seien aber auch energetisch interessant, da man sie bei intelligenter Nutzung als variable Speicher einsetzen könne. Auch die Landesregierung habe erst kürzlich das erste E-Mobil angeschafft. Insgesamt benötigten aber sowohl der private, der kommunale und der gewerbliche Sektor Anreize, die derzeit nur der Bund bieten könne: Kauf- und gegebenenfalls auch steuerliche Anreize. Pegel kündigte an, auf den nächsten Verkehrsministerkonferenzen, denen MV vorsitze, entsprechende Initiativen zu forcieren. Eine deutliche Stärkung der Elektromobilität werde allerdings nur im Zusammenwirken aller Beteiligten gelingen.
Die Verkehrsexpertin der LINKEN Dr. Mignon Schwenke warf SPD und CDU beim Thema Elektromobilität vor, angestaubten Trödel als Neuware zu verkaufen. So seien nur Aufforderungen an die Bundesregierung zu finden, die bereits von der Wirtschaftsministerkonferenz im Dezember 2014 beschlossen worden seien. Statt Beschlüsse der Landesregierung zu bejubeln und mit dem Finger auf den Bund zu zeigen, wäre es wichtiger gewesen, sich mit Maßnahmen auf Landesebene auseinanderzusetzen. Ein Großteil der Verantwortung, Elektroautos auch für den privaten Gebrauch attraktiver zu machen, trage im Übrigen die Automobilindustrie. Abermillionen Euro seien den Großunternehmen für Forschung und Entwicklung bereits zur Verfügung gestellt worden. Das Ergebnis seien Elektrofahrzeuge, die im privaten Gebrauch zu teuer sind, über zu kurze Reichweiten verfügen und insgesamt, von der Herstellung bis zum Betrieb eine fragwürdige Umweltbilanz aufzeigten. Weitere Förderung für Forschung und Entwicklung müsste deshalb an Bedingungen geknüpft sein. Ohnehin mache Elektromobilität nur Sinn, wenn der Strom aus der Steckdose nicht aus Kohle- und Atomkraftwerken komme, sondern zu 100 Prozent aus erneuerbare Energien bestehe.
Für Dietmar Eifler von der CDU liegt es in der Natur der Sache, dass sich die Entwicklung der Elektromobilität in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern schwieriger gestalte als in urbanen Ballungszentren. Es gebe Bundesländer, vor allem jene, die keine Flächenländer sind, in denen Elektromobilität größere Chancen habe, sich relativ rasch einen Absatzmarkt zu erschließen und eine geeignete Infrastruktur auszubauen. Trotzdem sehe er auch für M-V Chancen, da sich die Technologie weiterentwickeln werde. Wenn das Ziel von bundesweit einer Million Elektrofahrzeugen erreicht werden solle, müssten auch Kaufanreize für private und gewerbliche Nutzer geprüft werden. Die Koalition stelle sich mit dem Antrag hinter die Beschlüsse der Wirtschaftsministerkonferenz, die sich vor wenigen Wochen in Stralsund klar zu einer Weiterentwicklung der Elektromobilität bekannt hatte.
Johann-Georg Jäger von den GRÜNEN zeigte sich großzügig. Man hätte keinen Änderungsantrag vorgelegt, weil dies ein komplett neuer Antrag gewesen wäre. Dafür erwähnte er, dass es bei den E-Autos zwar relativ geringe Verkaufszahlen gebe, dies aber bei 410.000 verkauften E-Bikes im Jahr 2013 auch in einem anderen Licht gesehen werden könne. Auch die elektrifizierte Eisenbahn sei im Übrigen Elektromobilität, dieses Thema fehle in der Debatte komplett. Warum also nicht die Südbahn elektrifizieren und somit einen Beitrag zur E-Mobilität ohne Ladestationen und hohe Anschaffungspreise für E-Autos leisten? Wenn man nämlich die Infrastrukturkosten für E-Autos betrachte, käme man schnell zum Schluss, dass auch dort die Fahrgastzahlen nicht verhältnismäßig seien. E-Autos seien im Übrigen auch für den derzeitigen Fernverkehr tendenziell ungeeignet und teilweise gefährlich: wegen der Geschwindigkeit und wegen der Leichtbauweise. Zum Schluss wartete Jäger noch mit dem Vorschlag auf, Omnibusse streckenweise an die Oberleitungen der Straßenbahnen zu führen, unerschlossene Strecken könnten mit Batteriestrom überbrückt werden.
Jochen Schulte beendete die Debatte mit einigen Reaktionen auf seine Vorredner und regte unter anderem die Verknüpfung von E-Mobilität mit Carsharing-Modellen an. Hier liege auch Potenzial, um Demografie, Verkehr und Energiewende unter einen Hut zu bringen.
Dem Koalitionsantrag stimmten am Ende auch die Grünen zu, die LINKEN enthielten sich. Ein Änderungsantrag der LINKEN wurde hingegen abgelehnt.