Mängel im Schulsystem können von den Hochschulen nicht ohne Weiteres ausgeglichen werden Wie schon in den vergangenen Jahren belegt auch die heute veröffentlichte OECD-Studie „Bildung auf einen Blick 2007“, dass grundsätzliche Probleme im deutschen Schulsystem bestehen. Hierzu erklärte heute der hochschulpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Mathias Brodkorb, in Schwerin: „Anlass für die Kritik an Deutschland sind immer wieder die Studienanfängerquoten. Während in der BRD 36 % eines Jugendlichenjahrgangs ein Studium aufnehmen, sind es im OECD-Mittel 54 %. Deutschland weist daher auch dann einen Rückstand gegenüber dem internationalen Durchschnitt auf, wenn man unterschiedlich strukturierte Bildungsgänge in Deutschland und dem Ausland berücksichtigt.“
Jedoch könnten diese Probleme nicht allein durch das Hochschulsystem behoben werden. Sie seien vielmehr hauptsächlich das Ergebnis einer falschen Weichenstellung im Schulsystem: „Über die Frage, wie viele junge Menschen studieren, wird zu einem großen Teil bereits mit dem Abitur in den Schulen entschieden. In Deutschland herrscht jedoch ein Schulsystem vor, in dem eine Kultur des Abschiebens und nicht der individuellen Förderung des einzelnen Schülers im Vordergrund steht. Im Ergebnis müssen wir uns dann nicht wundern, dass die Begabungsreserven unserer Gesellschaft völlig unausgeschöpft bleiben und der Zugang zu Bildung in Deutschland zu den ungerechtesten der Welt gehört.
In der letzten Legislaturperiode wurde in Schwerin mit dem Längeren gemeinsamen Lernen ein erster Schritt unternommen, hier eine Wende an den Schulen des Landes einzuleiten. Die SPD steht nach wie vor dafür, diesen Weg fortzusetzen. Jedoch gibt es hierfür in der Koalition derzeit keine Mehrheit. Allerdings müssen sich auch die Hochschulen mehr als bisher für Studierwillige ohne formale Hochschulzugangsberechtigung öffnen“, so Brodkorb weiter.
Die neuerliche Finanzdebatte, dass Deutschland derzeit zu wenig in Bildung investiere, sieht Brodkorb in dieser undifferenzierten Form jedoch nicht als berechtigt an. Hierzu Brodkorb: „Es ist unbestreitbar, dass es in manchen Bereichen Engpässe gibt, aber insgesamt ist es nicht richtig, dass das deutsche Bildungswesen unterfinanziert ist. Während der Europäische Durchschnitt etwa 5,4% seiner Wirtschaftsleistung in Bildung investiert, sind es in Deutschland mit 5,2% nur etwas weniger. Es gibt teilweise enorme Ineffizienzen im Bildungssystem, z.B. sehr hohe Abbrecherquoten an den Hochschulen. Noch mehr Geld und noch mehr Studienplätze führen ohne Strukturreformen folglich zu noch mehr Abbrechern. Das ergäbe wenig Sinn.
Es muss auch möglich sein, über innere Reformen und Qualität zu diskutieren – gerade in der Bildung. So ist die geringere Finanzausstattung der deutschen Hochschulen gegenüber anderen Ländern wie Finnland ausschließlich durch sehr viel weniger Studierende zu erklären. Auch haben die meisten Länder eine deutlich höhere Geburtenrate und folglich größere Finanzbedarfe als Deutschland.
Ein Problem gibt es aber unbestreitbar in den Schulen: Während Finnland hier vor allem in die ersten Klassen investiert und dann die Förderung schrittweise absenkt, machen wir es in Deutschland genau umgekehrt. Wer sich erfolgreich durch die Grundschule und die ersten Jahre der weiterführenden Schule gekämpft hat, wird mit einer im internationalen Vergleich gut ausgestatteten Oberstufe belohnt. Dass bei dieser Strategie viele auf der Strecke bleiben, sollte nicht überraschen“, so Brodkorb abschließend.
18. September 2007