SPD Landtagsfraktion Mecklenburg Vorpommern
Windraeder ragen aus dem Nebel

Das neue Tariftreue- und Vergabegesetz MV

Am 8. November hat der Landtag MV in zweiter Lesung das Tariftreue- und Vergabegesetz verabschiedet. Damit ist klar: ab 1. Januar 2024 wird es bei öffentlichen Aufträgen in Mecklenburg-Vorpommern Tariflohn bzw. tarifgleichen Lohn geben. Denn überall dort, wo wir mit Steuergeld Aufträge bezahlen, soll es auch Löhne geben, die sich lohnen.

Das Tariftreue- und Vergabegesetz ist eines unserer zentralen Anliegen in dieser Legislatur. Faire Wettbewerbsbedingungen und gute Löhne müssen im Mittelpunkt einer guten Arbeits- und Wirtschaftspolitik stehen. Die von den Sozialpartnern, also von Gewerkschaften und Arbeitgebern, ausgehandelten Tariflöhne sind hierfür genau der richtige Maßstab. Und dieser Maßstab gilt ab 2024 dann für alle öffentlichen Aufträge in MV.

Das Tariftreue- und Vergabegesetz schützt vor Dumpinglohnangeboten und stärkt unsere Unternehmen im Wettbewerb um Fach- und Arbeitskräfte. Denn nur mit guten Löhnen für gute Arbeit wird es mittel- und langfristig gelingen, den Arbeitskräftebedarf im Land auch zu decken. Wir sind in MV auf Zuzug aus anderen Bundesländern und aus Europa angewiesen – die Zahl der Menschen, die in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen werden, ist ganz einfach größer als die Zahl der Jugendlichen, die in den Arbeitsmarkt nachrücken. In diesem Wettbewerb um Köpfe gewinnt man nicht mit mittelprächtigen Löhnen.

Tarifverträge sorgen für faire Entlohnung

Tarifverträge sind der bewährte Weg, gute Löhne für gute Arbeit zu erreichen. Sie orientieren sich an dem, was in den jeweiligen Branchen erwirtschaftet werden kann, berücksichtigen aber immer die Bedürfnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Trotzdem hat die Tarifbindung in Mecklenburg-Vorpommern seit der Wiedervereinigung immer weiter abgenommen. Dieser Trend soll mit dem Tariftreue- und Vergabegesetz wieder umgekehrt werden.

Auch für die faire Entlohnung im Betrieb oder Unternehmen sind Tarifverträge gut. Denn mit einem gültigen Tarifvertrag ist klar und transparent geregelt, für welche Tätigkeit es welchen Lohn gibt. Viele Menschen sind bei Lohnverhandlungen aus Angst um ihren Arbeitsplatz eher ängstlich, verkaufen sich schnell unter Wert. Mit einem Tarifvertrag gibt es diese individuellen Verhandlungen nicht und man kann sich sicher sein, einen fairen Lohn für die eigene Arbeit zu erhalten.

Nachhaltigkeitsfaktor stärkt einheimische Unternehmen

Mit dem Tariftreue- und Vergabegesetz werden übrigens auch einheimische Unternehmen gestärkt. Es gibt bei den Vergaben zukünftig einen Nachhaltigkeitsfaktor, der dafür sorgt, dass der Handwerksbetrieb von vor Ort eine größere Chance auf einen Auftrag hat, als ein Unternehmen, dass sich von irgendwo aus Europa an einer Ausschreibung beteiligt. Auch bekommt nicht mehr das Unternehmen mit dem billigsten Angebot den Zuschlag, sondern es wird die Wirtschaftlichkeit eines Angebotes betrachtet. Das kommt letztlich regionalen und lokalen Betrieben vor Ort zu Gute und stärkt die heimischen Wertschöpfungsketten, die heimische Wirtschaft.


Häufig gestellte Fragen

Warum braucht es ein Tariftreuegesetz?

Bereits seit 20 Jahren nimmt die Tarifbindung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in MV kontinuierlich ab. Lag sie im Jahr 2004 noch bei 54%, waren es 2021 nur noch 41%, also bereits 1/5 weniger. Auch im Vergleich zu anderen Bundesländern liegt Mecklenburg-Vorpommern damit nicht unter dem Bundesdurchschnitt von 52%, sondern sogar auf dem letzten Platz. Diesem anhaltenden Trend möchte die MV-Koalition entgegensteuern, denn zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden ausgehandelte Tariflöhne sind der beste Weg zu Guten Löhnen für Gute Arbeit.

Gibt es einen Unterschied zwischen der Höhe von Löhnen in tarifgebundenen Unternehmen und Unternehmen ohne Tarifvertrag?

Die Hans-Böckler-Stiftung hat für MV zwischen 2019 und 2021 einen monatlichen Bruttolohnunterschied von 770 € festgestellt. Das bedeutet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem Tariflohn in MV 21,8% mehr verdienen. Selbst wenn der Unterschied nur zwischen Unternehmen gleicher Größe betrachtet wird (größere Unternehmen unterliegen häufiger einem Tarifvertrag als kleine) verdienen Angestellte ohne Tarifvertrag 9,8% weniger.

Neben der Bezahlung, haben Angestellte ohne Tarifvertrag auch bei der Arbeitszeit einen Nachteil. Für 10% weniger Lohn arbeiten sie gleichzeitig ca. eine halbe Stunde mehr pro Woche.

Was ändert sich mit dem Gesetz für Unternehmen die sich auf öffentliche Aufträge bewerben?

Bisher wurden öffentliche Aufträge meist an den Unternehmen mit dem billigsten Angebot vergeben. Das sorgte dafür, dass Unternehmen ohne Tarifvertrag einen Vorteil bei öffentlichen Ausschreibungen hatten, weil sie auf Kosten ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Angebote von tarifgebundenen Unternehmen unterbieten konnten. Dieser Anreiz zur Tarifflucht hat also Unternehmen mit niedrigen Löhnen bevorteilt, auf Kosten von fair zahlenden Betrieben.

Diese Tarifflucht wird mit dem neuen Vergabegesetz verhindert.

Beschränkt das Tariftreuegesetz die Tarifautonomie?

Arbeitgeberverbände kritisieren Tariftreueregelungen als unzulässigen Eingriff in die Tarifautonomie. Dieser Vorwurf läuft jedoch ins Leere. So hat die europäische Rechtssprechung in mehreren Urteilen die Möglichkeiten für eine Vergabe anhand von Lohnvorgaben deutlich ausgeweitet und die neuen europäischen Entsende- und Vergaberichtlinien erlauben ausdrücklich Tariftreuevorgaben über allgemeinverbindliche Tarifverträge hinaus.

Seitdem haben nahezu alle Bundesländer (außer Sachsen und Bayern) eine mehr oder weniger umfangreiche Tariftreueregelung eingeführt und auch Hubertus Heil plant für 2024 die Einführung eines Tariftreuegesetzes für öffentliche Aufträge des Bundes. Tariftreuegesetze wurden also mittlerweile länderübergreifend als wichtiger Baustein zur Verhinderung von Tarifflucht erkannt.

Das Tariftreuegesetz der MV-Koalition verpflichtet Unternehmen nicht einen Tarifvertrag für seine Beschäftigten zu beschließen, wenn es von öffentlichen Aufträgen profitieren möchte, sondern stellt es ihnen frei ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern stattdessen auch „tarifähnliche“ Löhne zu zahlen, sofern für ihre Branche ein repräsentativer Tarifvertrag vorliegt.

Wofür gibt es einen Vergabemindestlohn?

In MV unterliegen nur 41% der Beschäftigten einem Tarifvertrag. Zusätzlich gibt es nicht für alle Branchen einen landesweit repräsentativen Tarifvertrag. Um auch bei diesen Aufträgen einen unfairen Preiswettbewerb auf dem Rücken der Angestellten zu verhindern, legt das Tariftreuegesetz einen Vergabemindestlohn von 13,50 € pro Stunde fest.

Dieser Wert ist nicht willkürlich aus der Luft gegriffen, sondern setzt die bereits 2018 eingeführte Richtlinie vom damals CDU-geführten Wirtschaftsministeriums MV fort. Diese Regelung hatte sich damals an der niedrigsten Lohngruppe des ausgehandelten Tarifvertrages im Gebäudereinigerhandwerk orientiert. Das heute SPD-geführte Wirtschaftsministerium hält an dieser bewährten Regelung fest und passt den neuen Vergabemindestlohn deshalb an den ab 2024 gültigen Mindestlohn der Gebäudereinigerinnen und Gebäudereiniger an.   

Wie wird sichergestellt, dass künftig nicht das niedrigste Angebot, sondern das wirtschaftlichste den Zuschlag erhält?

Zusätzlich zur Tariftreue fördert das neue Vergabegesetz einen stärkeren Fokus auf die Leistungsunterschiede zwischen verschiedenen Angeboten. Künftig soll durch das sogenannte „Zwei-Umschlag-Verfahren“ nicht mehr der Preis alleiniges Entscheidungskriterium für die Auswahl sein. Stattdessen wird in einem ersten Schritt zunächst der Leistungsumfang der eingereichten Angebote, ohne Berücksichtigung der veranschlagten Preise verglichen, um dann in einem zweiten Schritt das günstigste Angebot mit dem im ersten Schritt selektierten Leistungsumfang auszuwählen.  

Bringt das neue Gesetz einen Nachteil für Betriebe aus MV?

Nein. Zum einen gelten Tariftreueregelungen in verschiedener Form auch in den angrenzenden Nachbarbundesländern. Zum anderen fordert das Gesetz aus Gründen der Nachhaltigkeit möglichst kurze Transportwege, zur Vermeidung von Treibhausgaremissionen, als auch die Begünstigung regionaler und lokaler Leistungserbringer. Es stärkt also die Wettbewerbsposition regionaler und lokaler Betriebe bei öffentlichen Ausschreibungen und stärkt damit auch heimische Wertschöpfungsketten mit öffentlichen Mitteln.