Heute informierte das Wirtschaftsministerium über die bevorstehende Schließung von drei Standorten des Callcenter-Anbieters Majorel im Wirtschaftsausschuss. Dazu erklärt Jochen Schulte, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag:
„Die angekündigten Schließungen der Callcenter-Standorte in Schwerin, Neubrandenburg und Stralsund rufen bei mir nur Kopfschütteln hervor. Erstens sind von den angekündigten Schließungen am Jahresende ausschließlich Standorte in Ostdeutschland betroffen. Sowohl bei uns in Mecklenburg-Vorpommern als auch am Standort Chemnitz werden bereits nur die niedrigsten Löhne – nämlich Mindestlohn – gezahlt im Vergleich zu den anderen Standorten. Insgesamt unterhält Majorel 17 Standorte mit einem Umsatz von 1,2 Milliarden Euro in Deutschland. Vier davon sollen abgebaut werden: drei bei uns in MV, einer in Sachsen. Eine wirtschaftliche Notwendigkeit besteht hierfür, so die Ansicht des Betriebsrates, nicht zwingend. Die Schließungen sind aus unserer Sicht ein fatales Signal an die Menschen in Ostdeutschland.
Zweitens: Da an diesen Standorten bereits nur Mindestlohn gezahlt wird, kann die Geschäftsleitung die Löhne also nur drücken, wenn sie die bisherigen Geschäfte ins Ausland verlegen würde. Das wäre durchaus ein Skandal. Denn hinter der Majorel-Gruppe steht der Bertelsmann-Konzern. Das ist nicht irgendein beliebiges Unternehmen. Vielmehr nimmt die Bertelsmann-Stiftung regelmäßig und sehr selbstbewusst durch ihre Veröffentlichungen Einfluss auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Hieraus erwächst – wenngleich nur moralische – die Pflicht, auch im eigenen unternehmerischen Handeln mit bestem Beispiel für eine gerechtere Gesellschaft und für die Gleichwertigkeit von Lebensbedingungen in ganz Deutschland voranzugehen. Bislang ist Bertelsmann jedoch nicht bereit, für die 1.411 Familien in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen nochmals in Verhandlungen für eine Fortführung zu gehen. Auch die laufenden Sozialplanungen gestalten sich eher zäh. Leider ist die Schließung bereits vor geraumer Zeit gut geplant und angelegt worden.
Wir hatten bereits mehrfach Gespräche mit dem Betriebsrat; das jüngste heute nach dem Ausschuss. Zusammen mit meiner Kollegin aus der SPD-Fraktion im sächsischen Landtag hatte ich mich Ende Januar mit einem Brief an die Bundeskanzlerin und den Bertelsmann-Konzern gewandt. Eine Antwort auf den Brief haben wir nur als telefonische Eingangsbestätigung erhalten. Angeblich würden sich Bundeswirtschaftsministerium und Bundeskanzleramt mit der Landesregierung in Verbindung setzen. Passiert ist jedoch rein gar nichts. Und das liegt nicht an unserem Wirtschaftsministerium.
Drittens: Jetzt werden wir den Druck nochmals erhöhen und das Thema im April in den Landtag als Generaldebatte einbringen. Es kann nicht sein, dass bei uns die Majorel-Standorte im wahrsten Sinne des Wortes eingestampft werden, und davon keiner Notiz nehmen will. Allen voran die Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht, obwohl es Menschen in ihrem eigenen Wahlkreis betrifft. Zudem müsste auch Frau Dr. Merkels das bluten, da es nur Ostdeutsche betrifft und sie selbst gebürtige Ostdeutsche ist.“
18. März 2021