SPD Landtagsfraktion Mecklenburg Vorpommern
Heute hat die Ostsee-Zeitung eine Umfrage zu den Themen Energieversorgung und Nord Stream 2 in Mecklenburg-Vorpommern veröffentlicht. Darin gaben mehr als drei Viertel (78 Prozent) der Befragten an, dass man Erdgas auf absehbare Zeit benötigen wird, um eine sichere und bezahlbare Energieversorgung zu gewährleisten. Nur 16 Prozent sind gegenteiliger Meinung. Ebenso deutlich fallen die Meinungen bei der Ostsee-Pipeline aus: 71 Prozent der Befragten halten die Erdgaspipeline Nord Stream 2 zur Sicherstellung der Energieversorgung für sehr wichtig oder wichtig. 22 Prozent sagen, dass sei nicht so wichtig oder unwichtig. Seit Wochen gibt es zudem eine hitzige Debatte um den Stopp oder Weiterbau der Ostseepipeline. Darüber hinaus hat nunmehr auch das Europäische Parlament auf Initiative der Gegner der Nord Stream 2-Pipeline einen sofortigen Baustopp als Konsequenz der erneuten Verhaftung und Verurteilung des russischen Regimekritikers Alexej Nawalny gefordert. Gegen den Baustopp stimmten vorrangig sozialdemokratische Abgeordnete, Linke-Abgeordnete und Teile der CDU-Abgeordneten im EU-Parlament.
Dazu erklärt Jochen Schulte, der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag Mecklenburg-Vorpommern: 
„Bei Nord Stream 2 erhitzen sich manche Gemüter. Die jüngste Umfrage der OZ zur Energiesicherheit und Nord Stream zeigt jedoch klar, dass die Menschen jederzeit Strom zur Verfügung haben wollen, der zudem bezahlbar ist. Und dafür sehen sie in Mecklenburg-Vorpommern auch die Notwendigkeit der Nord Stream 2-Trasse. Das zeigt, dass der von meiner Fraktion und der Landesregierung eingeschlagene Weg auch aus Sicht der Mehrheit der Menschen in unserem Land richtig und klar ist; sie tragen diesen eindeutig mit. Anders als bei einigen Umweltverbänden oder den Grünen ist bei den meisten Menschen in Mecklenburg-Vorpommern ein klares Bewusstsein dafür vorhanden, was verantwortliches Handeln ausmacht.

Ich habe eine klare Haltung: Wir brauchen gerade bei nicht einfachen Debatten wie um Nord Stream eine saubere und klare Trennung zwischen einerseits politischen, insbesondere parteipolitischen Zielen und Vorstellungen sowie andererseits den Anforderungen an Rechtsstaatlichkeit. Denn unser Rechtsstaat muss auch dann Rechtsstaatlichkeit gewährleisten, selbst wenn das dem einen oder anderen aufgrund der eigenen politischen Vorstellungen nicht gefallen mag. Wer Menschenrechtsverletzungen, mangelnde demokratische Verhältnisse, aber insbesondere auch einen Mangel an rechtsstaatlichem Handeln bei anderen wie etwa gegenüber Russland im Fall Nawalny kritisiert, darf sich im Umkehrschluss nicht selbst über rechtsstaatliche Grundsätze hinwegsetzen. Vielmehr gilt immer: Rechtsstaatlichkeit ist eines der wesentlichen Fundamente Deutschlands und der Europäischen Union. Wer das aufgrund politischer oder gar parteipolitischer Überlegungen aufgibt, macht sich nicht nur selbst unglaubwürdig, er legt vielmehr die Axt an das Grundgerüst unseres demokratischen Staates und der EU. Nord Stream 2 wurde in Finnland, Schweden, Dänemark und Deutschland – allesamt Mitgliedsstaaten der EU – übrigens nach rechtsstaatlichen Grundsätzen auf der Grundlage demokratisch entstandener Gesetze genehmigt. Auch das mag nicht allen gefallen. Aber dass die Pipeline als Infrastrukturvorhaben nicht bei jedem Begeisterungsstürme auslöst, verbindet dieses Projekt mit vielen anderen Infrastrukturvorhaben. Die werden Tag für Tag nach rechtsstaatlichen Grundsätzen in Deutschland und Europa genehmigt. Und trotzdem gefällt das eben nicht immer allen.

Allerdings ist nicht die Ostseepipeline das Problem. Vielmehr ist es der mangelnde Dialog zwischen Washington und Berlin in den vergangenen Jahren. Schon deswegen trägt der jetzt auch vom EU-Parlament geforderte Baustopp der Pipeline politisch nicht zur Lösung der bestehenden Probleme bei. Hingegen muss das politische Parkett in Brüssel und Berlin gemeinsam mit der neuen US-amerikanischen Administration unter Präsident Joe Biden über einen konstruktiven Umgang mit Russland reden. Aus unserer Sicht hilft hier nur ein Neustart im Dialog mit Moskau, in dem natürlich dann auch kritische Punkte auf den Tisch kommen. Hier nehme ich sogar erste gute und konstruktive Zeichen aus Washington wahr. Ein Beispiel ist die jetzt angestrebte Verlängerung des Rüstungskontrollabkommens für strategische Atomwaffen, unter Trump war das undenkbar. Letzterem ging es wohl bei seiner Kritik an der Pipeline nur um ‚America first‘ und den Verkauf von amerikanischem Fracking-Erdgas. Auch wenn genau das die Grünen nicht hören wollen, die fertige Pipeline erhöht die Versorgungssicherheit in Europa.

Den Menschen in Mecklenburg-Vorpommern ist offenbar bewusst, dass wir für eine Übergangszeit eine Brückentechnologie in das erneuerbare Zeitalter brauchen. Und dazu werden wir, auch das ist den Menschen bewusst, in Deutschland und Europa in den nächsten Jahren Erdgas importieren müssen.“