SPD Landtagsfraktion Mecklenburg Vorpommern

PflegesituationWann immer die Verkürzung der Wehrpflicht zur Debatte stand, gab es einen Aufschrei wegen der befürchteten Auswirkungen auf den Zivildienst. Mit der jetzt vom Bundesverteidigungsminister beabsichtigten Aussetzung des Wehrdienstes steht der Zivildienst erstmals gänzlich zur Disposition. Lösung könnte ein soziales Pflichtjahr sein, meinen die einen, Zwangsdienste sind verfassungswidrig und ökonomisch schädlich, sagen die anderen. Einigkeit herrscht hingegen in der Frage freiwilliger Dienste. Die seien sinnvoll und sollten gestärkt werden.

Mit Ihrem Antrag Nein zum sozialen Pflichtjahr (Drs. 5/3731) hat die FDP-Fraktion im Landtag heute den Versuch gestartet, sich in die Debatte zur Reform der Bundeswehr einzubringen, indem sie sich klar gegen ein so genanntes „Soziales Pflichtjahr“ bzw. ein obligatorisches allgemeines Dienstjahr ausspricht. In der Begründung zum Antrag heißt es, dass die positive Wirkung von sozialen Diensten umso größer sei, je freiwilliger etwas erfolge. Ein Pflichtjahr außerhalb des Wehrdienstes verstoße zudem gegen das Grundgesetz. Außerdem sei ein Pflichtjahr laut FDP mit „unüberschaubaren“ volkswirtschaftlichen Kosten verbunden, da etwaigen Einsparungen im Bereich der sozialen Dienste gegebenenfalls höhere Kosten durch spätere Berufseintritte junger Menschen gegenüber stünden.

SPD-Sozialministerin Manuela Schwesig nannte die Debatte nicht ungewöhnlich, zumal in regelmäßigen Abständen über die Abschaffung der Wehrpflicht diskutiert werde. Sie habe allerdings schon immer die Position vertreten, dass im Sozialbereich und insbesondere in der Pflege eine Unabhängigkeit bzw. Entkopplung vom Zivildient erreicht werden müsse. Was das Potenzial an Freiwilligen angehe, sehe sie keine Probleme. Schon heute gebe es nicht einmal in unserem Land für alle Freiwilligen einen Platz, und das, wo Mecklenburg-Vorpommern bei der Finanzierung der Programme z.B. über den Europäischen Sozialfonds, bundesweit vorbildlich sei. Die nun auf Bundesebene angestoßene Debatte sei im Übrigen gut, weil sie zu einer Diskussion über die Weiterführung diverser Freiwilligenprogramme über das Jahr 2012 hinaus beitrage.

Gino Leonhard von der einbringenden FDP argumentierte vorwiegend ökonomisch. Ein Pflichtjahr sei volkswirtschaftlicher Nonsens, zumal Zwangsdienstleistende nur unzureichend motiviert wären. Nach seiner Auffassung gehe es bei diesbezüglichen Vorschlägen um nichts anderes als um billige Arbeitskräfte im Pflegebereich. Zudem verstießen Plichtdienste über die Wehrpflicht hinaus oder der Versuch der Umdeutung des Zivildienstes als Wehrersatzdienst gegen das Grundgesetz. Gegen rein freiwillige Dienste im sozialen Bereich habe die FDP selbstverständlich nichts.

CDU-Redner Marc Reinhardt sprach sich ohne Umschweife für die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht für Männer und Frauen aus. Er plädiere für die Umwandlung der Wehrpflicht in eine breite Palette von Freiwilligendiensten und sehe die Verfassungswidrigkeit als Totschlagargument. Man habe die Verfassung schon wegen kleinerer Probleme geändert.

LINKEN-Politikerin Irene Müller dankte Sozialministerin Schwesig für die grundlegenden Worte und die Klarstellung, dass Personalprobleme im Sozial- und Pflegebereich von der Frage des Wehrdienstes abgekoppelt werden müssten. Es habe immer wieder Signale gegeben, dass sich die Träger im Sozial- und Gesundheitswesen darauf verlassen hätten, Zivildienstleistende als Ersatz für reguläre Pflegekräfte einsetzen zu können. Nicht ohne Grund: Während ein Zivi durchschnittlich 10 € am Tag verdiene, erhalte eine Pflegekraft durchschnittlich 7,50 Euro pro Stunde.

Am Schluss der Debatte resümierte SPD-Rednerin Martina Tegtmeier noch einmal, wie schwierig die Gemengelage sei. So könne sie weder ein Plädoyer für die Einführung eines Pflichtjahres halten, noch sei es an der Zeit, schon grundsätzlich dagegen zu stimmen. Klar sei, dass freiwilliges oder verpflichtendes Engagement durchaus gut für die Berufsorientierung z.B. im Pflegebereich sei,  wo nach Angaben der Sozialministerin nahezu 100 % der Azubis vorher freiwillig oder als Zivi gearbeitet hätten.

In der Abstimmung lehnten SPD- und CDU-Fraktion mit ihrer Mehrheit den Antrag der FDP ab.