SPD Landtagsfraktion Mecklenburg Vorpommern

Fotolia_17093245_FrauenquotQuotenregelungen sollten in modern verfassten Gesellschaften eigentlich nicht nötig sein. Doch hat ausgerechnet die Wirtschaft, die sich sonst gern als fortschrittlich und innovativ versteht, noch große Defizite im Hinblick auf das Geschlechterverhältnis. Denn freiwillige Selbstverpflichtungen erwiesen sich als reichlich wertlos, wenn es um die Sicherung von Pfründen bei der Besetzung von Aufsichtsratsposten geht.

Mit dem Antrag "Frauenquote in Aufsichtsräten" (Drs. 5/2550 in Verbindung mit Drs. 5/4398) hat der Landtag heute die schon seit langer Zeit von den Sozialdemokraten aufgestellte Forderung unterstrichen, bis zum Jahr 2013 in allen Aufsichtsräten deutscher Aktiengesellschaften eine Frauenquote von 40 Prozent einzuführen. Zudem soll sich das Land auf Grundlage der „Nürnberger Resolution zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten und Führungspositionen“ für die Bestimmung und gesetzliche Verankerung von Qualifikationsstandards von männlichen und weiblichen Aufsichtsratsmitgliedern einsetzen. Anlass der erneuten Beratung - zurückgehend auf einen LINKEN-Antrag von April 2009 - ist eine Initiative der 82. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister vom 18. und 19. Mai 2011 zur Umsetzung entsprechender Vorhaben auf Bundesebene.

Nachdem Wirtschaftsausschussvorsitzender Jochen Schulte (SPD) die Beschlussempfehlung des Ausschusses eingebracht hatte, erläuterte Peter Ritter von der LINKEN noch einmal den zwei Jahre alten Antrag seiner Fraktion, der als Grundlage der Beratungen gedient hatte. Er begrüßte, dass die Forderungen des damaligen Antrages nun endlich aufgegriffen würden und stellte die Behauptung auf, dass die letzte Finanzkrise mit mehr Frauen an der Spitze von Aufsichtsräten führender Finanzunternehmen nicht so drastisch verlaufen wäre oder sogar hätte verhindert werden können. Denn Frauen seien weniger risikofreudig, dafür umsichtiger und sorgsamer im Umgang mit den ihnen anvertrauten Mitteln. Studien hätten im Übrigen erwiesen, dass Geschlechterparität in Führungsgremien eine Garantie für Erfolg sei. Frauen mit hoher Qualifikation gebe es dafür genug. Die von der Bundesregierung favoriserte Flexiquote auf freiwilliger Basis und das Zeitfenster bis 2013 bezeichnete Ritter als halbherzig und verwies auf mutigere Regelungen in Norwegen, Spanien, Frankreich und den Niederlanden, wo es keinerlei negative Auswirkungen gegeben hätte - im Gegenteil!

Die Parlamentarische Staatsekretärin für Frauen- und Gleichstellung, Dr. Margret Seemann (SPD), kündigte an, dass auf Regierungsebene bereits an praktischen Lösungen für eine erhöhte Frauenquote gearbeitet werde. Sie kritisierte das "Hüh und Hott" auf Bundesebene, wo sich die Spitzenfrauen der CDU nicht einig seien. Der vielfach beschworene Vormarsch qualifizierter Frauen entspreche nicht der Realität, vielmehr werde das Wissen einer ganzen Frauengeneration nur unzureichend genutzt. Die Quote sei Seemanns Auffassung nach allerdings nur eine Krücke, solange Positionen nicht nach Leistung, sondern nach Geschlecht besetzt würden. Hoffnung machten ihr die Beschlüsse der Justizministerinnen und Justizminister, die kürzlich festgestellt hatten, dass eine Quote auch in Deutschland rechtlich zulässig sei. Die Frauen- und Gleichstellungsministerkonferenz sei sogar noch einen Schritt weitergegangen: Sie habe nicht nur die rechtliche Zulässigkeit, sondern auch die ökonomische Notwendigkeit formuliert - bezeichnenderweise ohne die Stimmen der Vertreter aus Bayern.

CDU-Wirtschaftsexperte Wolfgang Waldmüller bescheinigte Mecklenburg-Vorpommern mit der zu verabschiedenden Beschlussempfehlung eine Vorreiterrolle und mahnte die Schaffung entsprechender Bedingungen an, damit die unterschiedlichen Lebensplanungen von Frauen und Männern dem Ansinnen nicht im Wege stünden. Die Schritte müssten in jedem Falle praktikabel und realistisch sein - was man man vom Ursprungsantrag der LINKEN seiner Ansicht nach nicht behaupten könne. Insbesondere sollte auf unangemessene und die Rechtssicherheit beeinträchtigende Sanktionen verzichtet werden. Zugleich müsse man die zur Umsetzung der Quote erforderlichen Zeitabläufe und die Besonderheiten einzelner Branchen berücksichtigen.

Nach kurzer unstrittiger Debatte stimmten SPD, CDU und LINKE der Beschlussempfehlung des Ausschusses zu - die FDP stimmte ohne erläuternden Redebeitrag dagegen.

Hintergrund: In Deutschland werden Vorstände und Aufsichtsräte großer Unternehmen nach wie vor von Männern dominiert, obwohl Studien festgestellt haben, dass gemischte Führungsteams den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens befördern können. Die am 2. Juli 2001 gemeinsam mit der Bundesregierung geschlossene Selbstverpflichtung der Unternehmen zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft kann bezüglich der Besetzung von Spitzengremien mit Frauen als gescheitert angesehen werden, denn nur etwa 13 Prozent der Aufsichtsratsposten großer Dax-Unternehmen sind mit Frauen besetzt. Während in anderen europäischen Ländern der Anteil der Frauen in den Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften gesetzlich festgeschrieben ist, gibt es für Deutschland bislang keine rechtliche Grundlage. Einzige Ausnahme ist die Deutsche Telekom, die sich freiwillig für eine Frauenquote von 30 Prozent entschieden hat.