SPD Landtagsfraktion Mecklenburg Vorpommern

nusIn einem gesonderten Zusatztagesordnungspunkt hat der Landtag heute auf die jüngsten Ereignisse um die rechtsextremistische Terrorzelle NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) reagiert. Unter dem Titel "NSU als rechtsextremes Terrornetzwerk - eine Gefahr für Mecklenburg-Vorpommern" debattierten die Abgeordneten darüber, welche Konsequenzen die bekannt gewordenen Morde und Banküberfälle auf die Sicherheitslage im Nordosten haben und welche politischen Konsequezen aus den Vorfällen abzuleiten sind.

SPD-Fraktionschef Dr. Norbert Nieszery, der die Debatte eröffnete, bekundete zunächst seine Trauer und sein Mitgefühl mit den Angehörigen der Opfer. Die Verbrechen kennzeichneten eine neue Qualität rechtsextremen Terrors, die bestürzt und beinahe sprachlos mache. Um so mehr erwachse aus den Taten die Pflicht für Demokraten, sich gegen den braunen Terror zur Wehr zu setzen. Nieszery erwähnte die 10.000 gewaltbereiten Neonazis in Deutschland, deren 16.000 Delikte allein im Jahr 2010 auch in Mecklenburg-Vorpommern sehr vielschichtig seien. Sie reichten von Angriffen auf Wahlkreisbüros über die Einschüchterung ganzer Dorfgemeinschaften bis hin zu brutalen Anschlägen auf die körperliche Unversehrtheit und Mord wie im Fall des Rostocker Döner-Verkäufers. Besonders schlimm sei, dass die geistigen Brandstifter des rechten Terrors verortete er in Gestalt der NPD hier im Landtag säßen, obwohl kein Zweifel daran bestehen könne, dass die Partei den demokratischen Rechtsstaat in aggressiv-kämpferischer Weise beseitigen wolle. Mit verurteilten Straftätern in den eigenen Reihen könne die NPD ihre Hände nicht in Unschuld waschen, auch wenn sie panisch versuche, sich von der NSU zu distanzieren und mit Verschwörungstheorien daran stricke, die Täter zu Opfern zu machen. Wörtlich sagte er: "Sie, meine Herren von der NPD, säen die Gewalt! Und Sie tragen unmittelbare Verantwortung für die blutige Ernte!" Nieszery, der im Laufe der Debatte von der NPD auch persönlich diffamiert wurde, erneuerte seine Forderung nach einem NPD-Verbotsverfahren, wofür er Zustimmung von allen demokratischen Fraktionen erhielt. Bezüglich möglicher Ermittlungspannen warnte der ehemalige Polizist davor, die Sicherheitsbehörden vorschnell an den Pranger zu stellen. Es müsse aber eine rasche und lückenlose Aufklärung geben, die im Falle von Fehlverhalten auch Konsequenzen nach sich ziehen müsse.

Der Innenexperte der LINKEN, Peter Ritter, nannte es eine bittere Erkenntnis, dass es mitten in Deutschland Rechtsextremisten gebe, die nicht davor zurückschreckten, eine der schrecklichsten Mordserien in der Geschichte der Bundesrepublik zu begehen. Ritter kritisierte, dass viele rechtsextremistische und fremdenfeindliche Taten in der Vergangenheit bagatellisiert worden seien. Hier hätten die Justiz aber auch die Medien versagt. Natürlich müsse die Frage geklärt werden, ob die NSU weitere Verbrechen begangen habe und ob die Täter mit der NPD in Verbindung gebracht werden können. Darüber hinaus müsse nun aber auch gesagt werden, ob man weiterhin Mittel für den Kampf gegen Rechts kürzen und ob man Initiativen gegen Rechts weiterhin unnötige Bekenntnisse abverlangen wolle, anstatt sie zu unterstützen. Was zuletzt in Zwickau passiert sei, könne morgen auch in Anklam passieren.  Abschließend forderte Ritter eine unabhängige Beobachtergruppe gegen Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sowie die sofortige Einstellung der Ermittlungen gegen die Politiker der sächsischen LINKEN, die sich einer Neonazi-Demo in den Weg gestellt hatten.

Auch Innenminister Lorenz Caffier zeigte sich geschockt und beschämt und gedachte der Opfer und ihrer Angehörigen. Der Bundesinnenminister und der Generalbundesanwalt gingen inzwischen von rechtsextremistischem Terror aus. Die Ermittlungen würden zeigen, ob hier ein größeres Netzwerk agiere und ob es Konsequenzen geben müsse. Pauschale Verdächtigungen gegen den Verfassungsschutz nannte der Minister nicht akzeptabel. Er kündigte an zu prüfen, ob es Verbindungen zwischen den Terroristen und NPD-Politikern gebe. Darüber hinaus bekannte er sich noch einmal als entschiedener Verfechter eines neuen NPD-Verbotsverfahrens.

Caffiers Parteifreund Michael Silkeit, seines Zeichens Vorsitzender der hiesigen Polizeigewerkschaft, nutzte die Gelegenheit, für eine bessere Ausstattung seiner Polizeikollegen zu werben. Speziell die umstrittene Vorratsdatenspeicherung könne Ermittlungen enorm beschleunigen. Eine pauschale Verunglimpfung von Polizisten und Verfassungschützern sei hingegen wenig hilfreich.

GRÜNEN-Fraktionschef Jürgen Suhr sprach angesichts von zehn Morden und zwölf Banküberfällen von einem schwer zu fassenden Ausmaß der Gewalt und einer völlig neuen Dimension. Die Opfer hatten sterben müssen, weil sie einem primitiven Feindbild der Nazis entsprachen. Die Verbrechen seien deshalb auch ein Anschlag auf das friedliche Zusammenleben. Seine Fraktion übe im Übrigen Solidarität mit allen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, die aus anderen Kulturkreisen stammten. Kritisch merkte auch Suhr an, dass es schwer verständlich sei, dass in den letzten zehn Jahren keine Spur zu den Tätern führte. Die Aufklärung müsse deshab ein öffentlicher Prozess sein. Abschließend erhob er die Forderung, diejenigen wieder stärker zu unterstützen, die sich gegen Rechts engagieren, und sprach sich ebenfalls für ein NPD-Verbot aus.