SPD Landtagsfraktion Mecklenburg Vorpommern

TheaterSNWenn die Opposition ein Gesetz haben möchte, macht sie in der Regel einen Entwurf und sucht nach Mehrheiten. Diese Arbeit wollten sich LINKE und GRÜNE offensichtlich sparen, wie sich in der heutigen Landtagssitzung zeigte. Doch die Landesregierung sieht keinen Anlass der Opposition ein Gesetz zu schreiben, dass eigentlich niemand braucht. Und wichtigere Baustellen gibt es im Kultursektor allemal ...

 

Mit Ihrem Antrag "Kultur in Mecklenburg-Vorpommern gesetzlich schützen" (Drs. 6/1492) haben die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen heute die Forderung aufgestellt, dass das Land bis zum 31.03.2014 ein Kulturfördergesetz entwerfen möge. Das Kulturfördergesetz soll Ausdruck einer Gesamtstrategie für die Kulturförderung des Landes Mecklenburg-Vorpommern sein. Ziele sollen nach Ansicht der Antragsteller sein, die Vielfalt der Kultur und auch die kulturelle Teilhabe und Bildung im Land zu sichern. Weiterhin soll die Kulturförderung sichergestellt, deren Transparenz erhöht und die Förderverfahren vereinfacht werden. Durch das Gesetz sollen das Land und die Kommunen besser zusammenarbeiten.

Torsten Koplin (DIE LINKE) zeichnete in seiner Einbringug ein Niedergangsszenario der Kulturlandschaft in Mecklenburg-Vorpommenr an die Wand. Es gebe ein Vereinssterben, einen Rückgang der Kulturförderung, einen Verlust von Kulturschätzen, eine Halbierung der Orchester und Bibliotheken sowie Hilferufe der Musikpädagogen. Schuld seien leergeräumte Kulturkassen und ein Unverständnis dafür, dass Kultur in Zeiten der Krise eine wichtige Rolle für den sozialen Halt, die Verständigung und die Selbstversicherung spiele. Kultur gehöre zur öffentlichen Daseinsfürsorge, sprich: man müsse stets berechnen, was es koste, Kultur nicht zu fördern. Das Kulturfördergestz sehe er als Handlungsauftrag, Artikel 16 der Landesverfassung mit Leben zu erfüllen. Zudem sollen Fördermittelkriterien transparenter und vereinfacht werden. Den im Vorfeld geäußerten Vorwurf "kultureller Planwirtschaft", wies er zurück. Berechenbarkeit stehe Spontanität und Innovation keinesfalls im Wege.

 

Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) stellte zunächst fest, dass der Antrag nahezu identisch einem Vorschlag aus Nordrhein-Westfalen und Thüringen entspreche. Die Landesregierung in M-V verfolge unterdessen zwei Grundlinien: die Neustrukturierung der Theater- und Orchesterstruktur zum einen und die der Kulturförderung zum anderen. Mit den Modellvorschlägen zum Theaterkonzept und der derzeitigen Prüfung der Kulturförderrichtlinie, liege man damit auf einer Linie mit den Zielen der Antragsteller. Die Antragsteller verwiesen im Übrigen selbst auf eine vielfältige und vitale Kulturszene im Land, ein Hinweis darauf, dass bereits viel erreicht sei. Mit einem Gesetz stiegen allerdings nicht die Mittel! Vielmehr sei es eine große Leistung, dass es trotz Rückgangs der Bevölkerung und dem Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes keine Minderungen in der Kulturförderung gebe. Mit Blick auf NRW sagte Brodkorb, dass die rechtlichen Spielräume aufgrund des hier herrrschenden Konnexitätsprinzips deutlich kleiner seien. Zum Thema Transparenz verwies der Minister auf eine umfassende Informationspflicht der Landesregierung, der man auch zuverlässig nachkomme. Alles in allem würde ein Gesetz für die Kultur im Land nichts bewegen. Vielmehr solle die Opposition die Neustrukturierung der Theater und Orchester kontruktiv begleiten. Wenn die Opposition trotz dieser Argumente unbedingt ein Gesetz haben wolle, solle sie selbst einen Entwurf vorlegen und nicht die Regierung ein Gesetz machen lassen, das diese nicht für nötig halte.

Marc Reinhardt (CDU) unterstützte den Minister. Selbstverständlich fühle sich das Land dem kulturellen Auftrag in der Landesverfassung verpflichtet. Der Landeshaushalt sei quasi ein Kulturfördergesetz und damit hundertprozentig transparent. Wer pauschal Erhöhungen des Landes fordere, sollte bitte schön auch an die kommunalen Eigenanteile denken. Nach Auffassung seiner Fraktion würde ein eigenes Kulturfördergesetz nur Ressourcen binden, ohne etwas zu bewirken. Am Schluss zitierte er Montesquieu: "Wenn es nicht nötig ist, ein Gesetz zu machen, ist es nötig, kein Gesetz zu machen!"

Ulrike Berger (Bündnis90/Die Grünen) verwies dennoch gebetsmühlenartig auf Paragraf 16 der Landesverfassung, dessen Inhalt durch ein Kulturfördergesetz konkretisiert werden könne. Neu war hingegen Bergers Argumentation, dass das Land vielen Kreisen die Kulturposten aus den Haushalten kassiere, weil es sich dabei um freiwillige Aufgaben handele. Kritik übte sie auch an einer fehlenden Evaluierung der bisherigen Förderpraxis, um die Kulturförderung zu optimieren. So bekämen viele Vereine ihre Förderbescheide erst zu spät, so dass diese Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen kündigen müssten. Andere Vereine bekämen zwar Technik gefördert, bräuchten aber Mittel, um die Fahrkosten abzudecken. Die Aufforderung an die Landesregierung, einen Gesetzentwurf zu machen, begründete Berger übrigens recht originell: "Wir wollten der Landesregierung Spielraum verschaffen, ohne finanzielle Vorgaben." Abschließend sagte sie, dass Kultur auch ein Wirtschaftfaktor sei, dies solle man beim "Ausverkauf "der Theater und Orchesterstrukturen bedenken.

Ingulf Donig (SPD) meinte in der Debatte, dass die Forderung nach einem Kulturfördergesetz ein sehr bürokratisches Verständnis von Kulturpolitik offenbare. Es zeige sich, dass die Opposition dem Irrglauben erliege, dass eine gesetzliche Regelung immer der Königsweg ist. Die Kulturlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern sei breit und vielfältig aufgestellt, wie selbst die Opposition in ihrer Antragbegründung eingeräumt habe. Durch ein Kulturfördergesetz werde die vielfältige Kulturlandschaft in M-V weder gesichert, noch weiterentwickelt. Es hätte vor allem mehr Bürokratie für die Kulturschaffenden zur Folge. Zudem würde ein solches Gesetz die Kulturlandschaft im Land in ein starres Korsett zwängen und neue kulturelle Entwicklungen und Projekte behindern oder sogar verhindern. Die Koalitionsfraktionen hielten am bewährten Kurs ihrer Kulturpolitik fest, so wie es im Koalitionsvertrag fixiert sei. Dies geschehe auch zukünftig im engen Dialog mit den Kommunen, den Kulturschaffenden und -interessierten. Von einer Knebelung und einem Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Kommunen halte er hingegen gar nichts.

Zum Schluss der Debatte versuchte Torsten Koplin noch die aktuellen Zahlen zu den Haushaltsüberschüssen und deren Verwendung für Tilgung und Rücklage ins Spiel zu bringen und Politikbereiche gegeneinander auszuspielen. Wenn es um Werften, Nachschläge für Landesbauvorhaben oder Krankenhaussanierungen gehe, sei Geld da ..., begann er einen Satz, dessen Ende er offen ließ. Die Zustimmung der Koalition zum Gesetzentwurf der Oppositionsfraktionen brachte dieses Argument nicht. LINKE und GRÜNE stimmten ihrem Antrag natürlich zu.