Dass die Ostsee verletzlich ist, spüren die Menschen normalerweise erst bei Algenteppichen oder einem leeren Fischernetz. Die Ursachen sind dabei weitestgehend hausgemacht, denn unsere Lebensweise an Land hat unmittelbare Auswirkungen auf den Zustand des Meeres. Das Wissen darum existiert seit längerem - es auch ins Bewusstsein einer großen Mehrheit zu bringen, war Absicht der heutigen Debatte im Landtag ...
Katharine Feike (SPD) eröffnete die Debatte mit der provokativen Feststellung, dass die Ostsee es im Winter schwer habe, das öffentliche Interesse zu bewegen. Erst im Sommer, wenn von Algenteppichen, Fischsterben und Todeszonen berichtet werde, sei es leichter, auf Probleme aufmerksam zu machen. Dabei sei die Restaurierung der Ostsee ein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste umweltpolitische Thema in Mecklenburg-Vorpommern, weil das ökologische Gleichgewicht des Binnenmeeres insbesondere durch den übermäßigen Eintrag an Nährstoffen gestört sei. Deshalb sei es sehr zu begrüßen, dass die Landesregierung im Rahmen des 2013 zu erstattenden Ostseeberichts ausführlich über die Umsetzung des HELCOM-Ostseeaktionsplanes hinsichtlich der besonders bedeutungsvollen Ermittlung der Nährstoff-Reduktionsziele berichten wird. Außerdem sollen neue Daten über die komplexen Zusammenhänge von Einleitung, Wasseraustausch, Wasserqualität und Vitalität der Ostsee Mitte Oktober 2013 auf der HELCOM - Ministerkonferenz vorgestellt und verabschiedet werden. Die Ostsee solle bis 2021 wieder in einem guten Umweltzustand versetzt werden. Um dieses anspruchsvolle Ziel zu erreichen, müssten die Fortschritte kontinuierlich anhand der gemeinsam für den Ostseeraum entwickelten Indikatoren und Bewertungsverfahren überprüft werden. Mit dem heutigen Antrag könne man eine wichtige Weiche stellen, um den Schutz der Ostsee als Gemeinschaftsaufgabe aller Ostseeanrainerstaaten und als eine gesamteuropäische Aufgabe stärker in den Fokus zu rücken.
Umweltminister Dr. Till Backhaus bezeichnete die Ostsee als größten Schatz des Bundeslandes. Deutschland habe zwar das kleinste Einzugsgebiet der Ostsee aller Anrainerstaaten, dafür lägen aber 60 Prozent der deutsche Ostseefläche in Mecklenburg-Vorpommern. Die Ostsee sei Lebensader für 80 Mio. Menschen und besonders wichtig für das Gesundheits- und Tourismusland M-V. In den letzten 150 Jahren sei das empfindliche Ökosystem der Ostsee massiv aus der Balance geraten. Zwar seien seit der Wende mehrere Milliarden Euro in die Modernisierung der Abwasseraufbereitung geflossen, dennoch gebe es immer noch eine Reihe von Gefahren, wie z. B. die Tankerrouten. Schwerwiegendste Gefahr ist und bleibe aber die Eutrophierung mit Nährstoffen durch Überdüngung, verstärkt durch den geringen Wasseraustausch der Ostsee mit den Weltmeeren. Trotzdem könne sich Mecklenburg-Vorpommern in seinen Bemühungen sehen lassen: Kein Land habe beispielsweise so viele FFH-Flächen ausgewiesen wie Mecklenburg-Vorpommern, was dem Land große internationale Anerkennung eingebracht habe.
Dr. Mignon Schwenke (DIE LINKE) sprach dem Antrag zunächst konkrete Handlungsaufträge ab. Ihre Fraktion würde es z.B. begrüßen, wenn das Land auch aufgefordert würde, themengerechte Forschungsaufträge zu unterstützen, die Personalausstattung der Fachgruppe Europäische Wasserrahmenlinie beim LUNG zu verbessern und das landeseigenen Monitoring wieder aufzunehmen. Die LINKEN hätten aber die Erwartung, dass der Antrag den wichtigen Ostsseeaktionsplan beschleunige und dessen Ansinnen stärke, so dass man dem Antrag mit einigen Konkretisierungen zustimmen könne. Dazu habe die Fraktion einen Änderungsantrag vorgelegt.
Heino Schütt (CDU) wiederholte die meisten bereist geäußerten Fakten, fügte aber noch die Rolle der Ostsee als Standort für Windkraftanlagen hinzu.
Etwas detaillierter wurde noch einmal Dr. Ursula Karlowski von den GRÜNEN, die kritisierte, dass das Land zwar um das Problem der Eutrophierung wisse, aber dennoch die Abstandsregeln zu Gewässern bei der Düngung soweit verkürzt habe, dass häufig nicht mal mehr ein ungepflügter Uferstreifen zu finden sei, um ohne geländegängiges Fahrzeug Proben nehmen zu können. Oft würden auch Düngemittelgrenzwerte nicht eingehalten bzw. nicht kontrolliert. Absolut vernachlässigt würden auch Nährstoffeinträge durch die Luft. Auch die Konzentration des Landes auf die Fleischproduktion sei eine falsche Schwerpunktsetzung, wenn es um die Verminderung der Eutrophierung des Bodens gehe. Es sei leider auch längst nicht sichergestellt, dass alle Schiffe ihre Abfälle an Land entsorgen. Insofern sei der Antrag nicht verkehrt, es gebe aber noch enorm viel Beratungsbedarf in den Ausschüssen des Landtages.
Am Schluss der Debatte erklärte die SPD-Rednerin Katharina Feike, dass die Koalition mit dem Änderungsantrag der LINKEN leben könne, woraufhin der entsprechend geänderte Antrag der Koalition die Stimmen aller demokratischen Fraktionen erhielt.