SPD Landtagsfraktion Mecklenburg Vorpommern

werftenDas Thema Werften bewegt den Landtag inzwischen in jeder seiner Sitzungen. Heute hätte es eine gute Gelegenheit gegeben, einheitliche und entschlossene Signale des Landes an den Bund zu senden. Doch die Opposition zierte sich und verschenkte die Chance eines eindeutigen Bekenntnisses für die maritime Industrie im Land. 

Mit ihrem Entschließungsantrag zum Erhalt der Werftenstandorte mittels landeseigenem Bürgschaftsrahmen, haben die Koalitionsfraktionen sich heute klar hinter das beabsichtigte Bürgschaftsmanagement der Landesregierung gestellt. Im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung soll dazu eine Regelung erlassen werden, die eine Begrenzung des vom Land im Zusammenhang mit der Werftenfinanzierung eingegagngenen Risikos auf 200 Mio. € festlegt und eine angemessene Beteiligung des Bundes vorsieht. Dem Landtag soll zudem ein Verfahren vorgeschlagen werden, das eine Beteiligung des Parlamentes über die Unterstützung ganzer Werften oder einzelner Schiffbauvorhaben vorsieht. Im Entscheidungsverfahren soll dann der Finanzausschuss oder ein von ihm zu gründender Unterausschuss der jeweiligen Bürgschaft zustimmen. In verbundener Aussprache wurde zudem ein Antrag der GRÜNEN beraten, der Bundeskanzlerin Merkel dazu auffordert, Energiewende und Werftenindustrie zur Chefsache zu machen. Im Vorfeld hatte die Koalition versucht, LINKE und GRÜNE für einen gemeinsamen Entschließungantrag zu gewinnen, um dem Ansinnen auch nach außen mehr Kraft zu verleihen.

Johannes Saalfeld, der eigentlich den GRÜNEN-Antrag einbringen sollte, erläuterte zunächst, warum seine Fraktion dem Entschließungsantrag nicht beitreten konnte. So instrumentalisiere der Antrag die Werftarbeiter, er stelle zu wenig Forderungen an die Bundesregierung und das Beteiligungsverfahen des Landtages sei unzureichend geklärt. Außerdem verwechsele die Koalition Ursachen und Wirkung, wenn sie den Bestand der Werften als Voraussetzung der Energiewende verstehe, vielmehr würde die Energiewende den Bestand der Werften sichern. Bezüglich des eigenen Antrages warf Saalfeld der Bundeskanzlerin vor, die Werften im Stich zu lassen, obwohl es sogar um ihren eigenen Wahlkreis ginge. An sie gehe die Aufforderung, die maritime Industrie zur Chefsache zu machen. Über Bürgschaften des Landes - in Höhe des tatsächliches Bedarfes - solle der Landtag direkt entscheiden und den Parlamentariern sollten Auskunfts- und Einsichtsrechte gewährt werden, wie sie beispielsweise auch im PUA üblich seien.

SPD-Wirtschaftsexperte Jochen Schulte, der die Entschließung für die Koalition einbrachte, kritisierte die Haltung der GRÜNEN und erläuterte noch einmal, dass es mit der Entschließung im Kern darum ginge, sich zum Werftenstandort M-V als solchen zu bekennen. Bei der ebenfalls im Vorfeld kritisierten Deckelung der Bürgschaften auf 200 Mio. Euro müsse man sich vor Augen führen, dass es für die gesamte gewerbliche Wirtschaft im Land nur einen Rahmen von 1 Mrd. gebe, also ein Fünftel nur für die Werften bereitstehe, was im Übrigen nicht ausschließe, dass auch von den verbliebenen 800 Mio. €-Bürgschaftsrahmen Anteile an die maritime Industrie gehen könnten. Im Übrigen trete das Land dem Bund sehr wohl auf die Füße. So habe sich CDU-Wirtschaftsminister Glawe sehr deutlich an die Bundesregierung gewandt. Den Worten der Kanzlerin auf der Maritimen Konferenz in Kiel müssten endlich Taten folgen. Denn dort führte sie aus, dass die maritime Wirtschaft von gesamtdeutscher wirtschaftlicher Bedeutung sei. In der Konsequenz müsse der Bund sich dann auch in gleichem Maße wie die norddeutschen Länder engagieren, äußerte Schulte seine Erwartung. Stattdessen torpediere der Bundeswirtschaftsminister und FDP-Bundesvorsitzende, Philipp Rösler, mit seiner Politik aber eine erfolgversprechende Entwicklung der einheimischen Werften. Rösler Kurs gegen Offshore, um die Energiewende auszubremsen, gefährde massiv die Werftstandorte in M-V.

Ministerpräsident Erwin Sellering sah in der Entschließung das Signal, dass die Koalition in Sachen Werftenpolitik mit der Regierung gemeinsam handele. Johannes Saalfeld von den GRÜNEN warf er mangelndes Demokratieverständnis vor. Gutsherrenentscheidungen der Kanzlerin, wie er sie mit Bezug auf ihren maritim geprägten Wahlkreis fordere, dürfe es nicht geben. Sellering bezeichnete die Werften als nachhaltig und wettbewerbsfähig, auch wenn dies manchmal hinterfragt werde. Probleme gebe es lediglich bei der Bauzeitfinanzierung, hier spiele sich der Wettbewerb im Schiffbau weniger im Bereich der Innovation oder Produktivität als im Bereich staatlicher Förderung ab. Die Entschließung abzulehnen wäre im Übrigen schon deshalb ungerechtfertigt, weil die einzelnen Eckpunkte noch nicht einmal ausverhandelt seien und es vorerst um das pure Bekenntnis gehe. Da risikoreiche Entscheidungen aber auch in Zukunft nicht zu vermeiden sein werden, wenn es um tausende Arbeitsplätze geht, werde ein klares Riskomanagement, z.B. über einen
Unterausschuss aber eine transparente Lösung im Sinne des Parlaments sein.

Oppositionsführer Helmut Holter (DIE LINKE) betonte die Aufgabe der Opposition, Vorschläge der Regierung zu prüfen und zu kritisieren. Natürlich stehe auch die Opposition hinter den Werften und den vielen Zulieferern. Aber eine Einladung zum Mitmachen bei einer gemeinsamen Entschließung sehe anders aus, so sei der Text des Koalitionsantrages nicht verhandelbar gewesen. Holter kritisierte den auf 200 Mio. Euro gedeckelten Bürgschaftsrahmen, in dem es angesichts des Bedarfes von Nordic Yards keinen Platz für die Werft in Stralsund gebe. Zugleich geißelte er das skandalöse Verhalten der Banken, die zunächst selbst mit hunderten Millionen gerettet wurden und nun der Realwirtschaft Kredite verwehrten. Skandalös sei auch das Verhalten des Bundes, der sich aus dem Bürgschaftsprogramm zurückgezogen habe, obwohl es ein Bekenntnis der Kanzlerin gebe. Dem Ministerpräsidenten warf er erneut vor, ohne Plan B auf Sicht zu fahren und vergeblich zu hoffen, den Bund mit der Entschließung unter Druck zu setzen. Den angedachten Unterausschuss nannte er verfassungsrechtlich bedenklich. Der Landtag dürfe keine originären Regierungsaufgaben übernehmen, damit der Ministerpräsident sie vom Tisch habe.

CDU-Wirtschaftsexperte Wolfgang Waldmüller (CDU) nahm den Bund in Schutz. Ohne ihn wäre die maritime Industrie zuletzt nicht zu retten gewesen. Auch er unterstütze aber die Appelle an das FDP-geführte Bundeswirtschaftsministerium. Zum Antrag der GRÜNEN sagte er, dass es nicht klug sei, die gebende Hand zu schlagen. Undiplomatisches Vorgehen in Richtung der Kanzlerin würden niemandem helfen. Nach dem Ausstieg von Bund und Banken kämen nun größere Aufgaben auf das Land bei der Prüfung und Finanzierung von Schiffsbauten zu, dem das vorgeschlagene Verfahren zur Parlamentsbeteiligung gerecht werde. Die von den GRÜNEN geforderten uneingeschränkten Auskunftsrechte würden aber schutzwürdige Interessen der Wirtschaft verletzen. Die Opposition sollte Verantwortung übernehmen und der Entschließung zustimmen. Auch sein Parteifreund Wirtschaftsminister Harry Glawe betonte die Wichtigkeit der Geheimhaltung und nahm die Kanzlerin in Schutz, die in der Zwickmühle stecke, trotz ihrer Herkunft Kanzlerin für ganz Deutschland zu sein.

Am Schluss der langen Debatte gab es noch einige kürzere Wortbeiträge, in denen Jochen Schulte der LINKEN unter anderem zusagte, dass man bestimmte Detailfragen natürlich noch im Ausschuss klären könne. Dies dürfte im Zweifel dazu beigetragen haben, dass sich die LINKE in der Abstimmung enthielt. Die GRÜNEN stimmten hingegen gegen die Entschließung und erhielten für den eigenen Antrag lediglich die Stimmen der LINKEN. Ein Änderungsantrag der LINKEN erhielt im Gegenzug nur die Stimmen der GRÜNEN.