Kinder, die übergewichtig sind und Jugendliche, die rauchen und trinken, passen nicht nur schlecht zum Image eines Gesundheitslandes, sondern haben auch schlechtere Chancen im späteren Leben als Erwachsene. Die Koalitionsfraktionen wollten deshalb wissen, ob ein diesbezüglicher Landesaktionsplan Wirkung gezeigt hat. Die heute im Landtag vorgestellten Daten und Fakten geben Grund zur Hoffnung.
Mit ihrem Antrag Kinder- und Jugendgesundheitsbericht M-V 2012 – Unterrichtung durch die Landesregierung (Drs. 6/1737) haben die Koalitionsfraktionen heute eine Debatte über den aktuellen Kinder- und Jugendgesundheitsbericht M-V 2012 initiiert, der dem Land eine insgesamt positive Entwicklung bescheinigt. So ist z. B. ein deutlicher Rückgang des Tabak-, Alkohol- und Cannabis-Konsums, eine weiter rückläufige Säuglingssterblichkeit, ein deutlicher Rückgang von Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüchen bei Minderjährigen, ein Anstieg der Teilnahmehäufigkeit bei den Vorsorgeuntersuchungen und ein Anstieg der Grundimmunisierung eingeschulter Kinder festzustellen.
Zunächst stellte Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) den Kinder- und Jugendgesundheitsbericht 2012 kurz vor. Sie nannte es ein ehrgeiziges Ziel, den Kindern und Jugendlichen gute Startchancen zu ermöglichen. Hier sei man gemeinsam auf einem guten Weg und sehe, dass sich Präventionsangebote auszahlten. Richtschnur des Handelns bilde dabei der Landesaktionsplan als Strategiepapier der Landesregierung zur Gesundheitsförderung und Prävention. Gesundheitsförderung müsse als Selbstverständlichkeit in die Lebenswelten der Menschen integriert werden. Dazu haben man vor fünf Jahren das Aktionsbündnis Gesundheit gebildet, dessen Schwerpunkt die Kindergesundheitsziele seien. Zehn Jahre nach der Verabschiedung sei der nun vorliegende Bericht eine wichtige Bestandsaufnahme. Eine weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Gesundheitsförderung und Prävention durch ein Präventionsgesetz auf Bundesebene halte sie dennoch für dringend erforderlich. Kritisch am aktuellen Entwurf aus Berlin sei allerdings, dass er nicht dazu geeignet sei, Gesundheitsförderung und Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu organisieren und bestehende soziale Ungleichheiten hinsichtlich der Gesundheitschancen zu reduzieren. Diese Defizite in der Chancengerechtigkeit und im fehlenden Lebenswelt- und Alltagsbezug seien nicht hinnehmbar. Es bleibe also noch viel zu tun. Deshalb müsse das Thema Gesundheit für Mecklenburg-Vorpommern ein Zukunftsthema bleiben. (Details zum Gesundheitsbericht: siehe Video)
LINKEN-Redner Torsten Koplin sah im Bericht keinen Anlass zum Lob. Der Gesundheitsbericht erfülle nur die Minimalanforderungen einer Berichterstattung, enthalte keinen Ausblick und keine Interpretationen. Es gebe wolkige Formulierungen, mal sehr konkret, dann wieder oberflächlich. Positiv am Bericht sei hingegen, dass er nichts schön rede. Inhaltlich hätten ihn am meisten die Ergebnissse der Voruntersuchungen beeindruckt. Am meisten vermisst habe er hingegen Hinweise auf den Zusammenhang von Armut und Gesundheit.
SPD-Gesundheitsexperte Julian Barlen widerlegte diese Behauptung: Der vorgelegte Kinder- und Jugendgesundheitsbericht sei die empirische Grundlage für eine moderne und sozial gerechte Gesundheits- und Teilhabepolitik, die das Ziel habe, allen Kindern und Jugendlichen in unserem Land ihre eigene Chance auf ein selbstbestimmtes und gesundes Leben zu geben. Die Befunde des Kinder- und Jugendgesundheitsberichtes zeichneten ein differenziertes Bild. Sehr positiv sei die sinkende Kindersterblichkeit, die Wirksamkeit aller Initiativen für mehr Zahngesundheit, auch die mittlerweile sehr gute Beteiligung an den Vorsorge-Untersuchungen. Die heutige Generation der Kinder und Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern rauche und trinke weniger als früher. Somit habe sich die Zahl der Raucher seit 2003 nahezu halbiert, ebenso die Zahl der Cannabis-Nutzer. Beim riskanten Alkoholkonsum – dies entspricht bei Jugendlichen zwischen 0,6 und 1,5 Litern Bier pro Tag – kann Mecklenburg-Vorpommern den zweitniedrigsten Wert im Bundesdurchschnitt vorweisen. Dies sind Entwicklungen, die den Erfolg von Prävention deutlich werden lassen. Motivation also, laufende Initiativen wie das Projekt HALT fortzusetzen. Bei der Kindertagesförderung könne das Land auf eines der besten Betreuungsangebote bundesweit verweisen. Dies sei eine wichtige Voraussetzung dafür, dass allen Kindern ein chancengleiches Aufwachsen ermöglicht wird. Eine Herausforderung stelle die große Anzahl übergewichtiger oder sogar adipöser Kinder dar. Übergewicht und Adipositas haben nicht nur schwerwiegende Folgen für die körperliche, sondern auch die psychische Gesundheit. Sie hätten vor allem Auswirkungen auf die Gesundheit der späteren Erwachsenen und Alten. Gesunde Ernährung und viel Bewegung seien hier die Schlüssel zum Erfolg, das eigene Gewicht in den Griff zu bekommen. In diesem Zusammenhang seien neben den sportlichen Aktivitäten und der gesunden Ernährung in Kita und Schule unbedingt die Eltern mit einzubeziehen. Elternhäuser und öffentliche Einrichtungen müssten Hand in Hand zusammen arbeiten. Dort, wo familiäre Strukturen versagten, müsse die öffentliche Hand unterstützend und helfend eingreifen.
GRÜNEN-Rednerin Silke Gajek konstatierte in ihrem Beitrag, dass Jugendliche im Gsundheitsbericht zu kurz kämen. Es gebe eine zu starke Fokussierung auf die Frühförderung. Man dürfe nicht vergessen, dass es auch ein Leben nach der Kindheit und vor dem Erwachsensein gebe. Ebenfalls fehlten ihr im Bericht Hinweise auf Inklusion und die Probleme bei der Organistion von Kindern in Sportvereinen. Die GRÜNEN würden den Bericht im Übrigen nicht nur zur Kenntnis nehmen wollen, sondern gern in den Ausschüssen beraten.
Maika Friemann-Jennert von der CDU legte in ihrem Beitrag besonderen Wert auf die häusliche Prägung für mehr Gesundheit. Erfreut äußerte sie sich über die guten Ergebnisse bei der Zahngesundheit und die Funktion des Erinnerungssystems für die Vorsorgeuntersuchungen.
Mit einem Scharmützel zwischen Jaqueline Bernhardt (LINKE) und Jörg Heydorn (SPD) endete die Debatte. Bernhardt übte erneut Kritik an der Ausstattung des KiFöG, worauf Heydorn ihr erläuterte, dass der Landesanteil für die Kitas sich in den letzten zehn Jahren von 80 Mio. € auf 160 Mio. € verdoppelt habe - vor zehn Jahren sei die Sozialministerin noch eine LINKE gewesen.
Die Unterrichtung wurde abschließend von allen Fraktionen zur Kenntnis genommen. Die zunächst angekündigte Abstimmung über eine Beratung im Sozialausschuss wurde von den Antragstellern zurückgezogen.