SPD Landtagsfraktion Mecklenburg Vorpommern

haushalt2014-15Obwohl es sich erst um den Entwurf für den kommenden Doppelhaushalt handelte, zeigten sich die Abgeordneten des Landtages heute enorm kampfeslustig. Grund könnte sein, dass sich die Landespolitiker derzeit im Wahlkampfmodus befinden und den Plenarsaal als zusätzliche Bühne betrachteten. Ein wenig mehr Sachlichkeit hätte insbesondere der Opposition allerdings gut zu Gesicht gestanden. Immerhin muss der Haushalt in den Ausschüssen noch verantwortungsvoll und auf dem Boden der Tatsachen beraten werden - nach einigen unsachlichen Wortbeiträgen sicher keine leichte Aufgabe.

In erster Lesung hat der Landtag heute den Entwurf eines Haushaltsgesetzes 2014/2015 und eines Verbundquotenfestlegungsgesetzes 2014/2015 sowie den Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2014/2015 (Drs. 6/1999 und 6/2000) beraten. Das Haushaltsvolumen beträgt 2014 7,28 Mrd. Euro und in 2015 7,38 Mrd. Euro. Einnahmen und Ausgaben sind ausgeglichen. Es sind keine Neuverschuldung, aber auch keine Tilgung geplant. Der Bürgschaftsrahmen wird auf insgesamt 1 Mrd. Euro festgelegt, im parlamentarischen Verfahren sind +200 Mio. Euro gegenüber dem Entwurf hinzugekommen. Die Deckung dieser 200 Mio. Euro erfolgt ohne Neuverschuldung durch Umschichtung im Haushalt. Das Personalkonzept 2010 wird weiter umgesetzt.

Ministerpräsident Erwin Sellering bezeichnete den Haushalt als weitere wichtige Weichenstellung für eine zweifache Zukunftsfähigkeit des Landes: erstens, keine neuen Schulden und zweitens, das Setzen politischer Schwerpunkte. Beides zusammen bedeute Zukunft aus eigener Kraft - gerade vor dem Hintergrund, dass das Land schon seit 2006 keine neuen Schulden mehr mache und sogar Verbindlichkeiten getilgt habe. Nur so sei man auch kommenden Herausforderungen gewachsen, wie dem Auslaufen des Solidarpaktes und der EU-Sonderförderung sowie der demografischen Entwicklung. Als erste wichtige Maßnahmen in Sachen Demografieanpassung nannte Sellering die Verwaltungs- und Gerichtsstrukturreform. Angesichts der gewachsenen Wirtschaftskraft in M-V und sinkender Arbeistlosenzahlen betonte er, dass diese Entwicklung in erster Linie ein Erfolg von 15 Jahren SPD-geführter Landesregierung sei. Ein klares Bekenntnis legte Sellering zur maritimen Industrie, zum 50 Mio €-Bildungspaket und zu den Aufwendungen für die Kinderbetreuung ab. Zur Beratung stehe nunmehr ein guter und ausgewogener Haushaltsentwurf.

Helmut Holter (Die LINKE) warf dem Ministerpräsidenten vor, immer die gleiche Platte abzuspielen, um den Haushalt als Erfolgsgeschichte zu verkaufen. Diese stereotypen Behauptungen erinnerten ihn aber an Autosuggestion, die bekanntlich erst durch häufige Wiederholung ihre Wirkung entfalte. Die LINKE gehe der Regierung aber nicht auf den Leim. Vor Ort gebe es Ängste vor der Gerichtsstrukturreform und die Kreise hätte Schwierigkeiten mit den Folgen der Verwaltungsreform. Holters Fazit: die Koalition entferne sich mit dem Haushalt vom wirklichen Leben. Auch die LINKE wolle gestalten und konsolidieren, allerdings mit einer aufgabengerechten kommunalen Ausstattung und mehr Geld für Bildung. Zur Finanzierung wolle man vor allem die Einnahmesituation verbessern: durch eine Vermögenssteuer und einen angepassten Spitzensteuersatz. "Wer mit diesem Haushalt in die Zukunft reisen will", so Holter pauschal, "steigt dort aus, wo er eingestiegen ist."

CDU-Fraktionschef Vincent Kokert konstatierte etwas selbstverliebt, dass sich das Land erst in den letzten 8 Jahren, also mit dem Regierungseintritt seiner Partei, positiv entwickelt habe. Die Menschen seien zufrieden, auch wenn es natürlich auch Probleme gebe. Im Gegensatz zur Opposition habe eine Regierung die Aufgabe, Dinge solide auszufinanzieren. Sein Vorredner verteile hingegen ungedeckte Schecks, so wie Rot-Rot mit einem Minister Holter noch einmal 2 Mrd. € Schulden gemacht hätte. Für die CDU gebe es haushaltspolitisch drei Säulen: Investieren, Konsolidieren und Vorsorgen. Dem werde der Haushalt gerecht, auch weil die Finanzministerin ein konsequente und gute Verhandlungspartnerin gewesen sei. Dieser Haushaltsentwurf müsse nun gegen Angriffe der Opposition verteidigt werden.

Johannes Saalfeld von den GRÜNEN diffamierte die Grundsatzrede des Ministerpräsidenten als "Grußwort" und bedauerte, dass nicht die Finanzministerin den Haushaltsentwurf eingebracht habe. Im Detail kritisierte Saalfeld die kommunale Finanzausstattung, die Abkopplung des ländlichen Raumes von der Daseinsvorsorge und die Gerichtsstrukturreform, wo sich die Koalitionspartner nunmehr gegenseitig im Regen stehen lassen würden. Die Planungen zur Bildung hätten im übrigen Schlagseite: Grund- und Förderschulen seien die Verlierer einer Zweiklassengesellschaft im Schulsystem von Mecklenburg-Vorpommern. Die Bilanz der Landesregierung sei nach zwei Jahren insgesamt ernüchternd. Mit großem - ironisch gemeintem - Beifall wurde Saalfelds Kritik an den Polizeihubschraubern des Landes aufgenommen. Die Polizeihubschrauber gelten neben dem Landgestüt Redefin als Saalfelds Lieblingsfeindbild. Den Schluss seiner Rede würzte auch der GRÜNE mit einer Prise Wahlkampf: "Das Land braucht eine Änderung der Mehrheitsverhältnisse im Bund", spielte Saalfeld auf den 22. September an.

Finanzministerin Heike Polzin zeigte sich zunächst "enttäuscht", dass Saalfeld sie als zuständige Ressortchefin in seiner Schmährede nicht erwähnt habe. Der Ministerpräsident habe den Haushaltsentwurf als Ausdruck des gemeinsamen Handelns aller Minister gewürdigt sowie die Grundsätze dargelegt. Für die Details sei sie als Finanzministerin zuständig. Erfolgreiche Finanzpolitik beruhe im Übrigen auf langfristigen Entscheidungen, deshalb gebe es mit ihr keine maßlosen Kürzungen, sondern gezielte Schwerpunksetzungen. Wenn es nach der Opposition ginge, müsse die Rücklage für alles herhalten - 700 Mio. € reichten aber nicht für langfristige Programme, schon gar nicht für solche, die über 100 Mio € pro Jahr kosten würden. Jeder Haushalt lege Geld für besondere Ausgaben zurück. Deshalb appellierte sie an die Opposition: Hände weg von der Rücklage!!! Ansonsten hob Polzin zwei Schwerpunkte hervor: erstens, die besondere Anstrengung, das 50 Mio. €-Bildungspaket zu realisieren und zweitens, die enormen Lasten für Pensionszahlungen und Personalausgaben. Letzteres zeige, wie wichtig es war, ist und sein wird, ein Personalkonzept zu haben, um eines Tages auf ein Stellenverhältnis vergleichbarer Bundesländer zu kommen. Bezüglich der kommunalern Finanzausstattung betonte die Ministerin, dass mit dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz ein geeignetes Instrument vorliege. Zusammen mit dem Einmalfonds von 100 Mio. € liegen die Zuweisungen derzeit sogar über dem Steuereinnahme-Rekordjahr 2008. Sie habe aber auch die Erwartung an die Kommunen, genau wie das Land Vorsorge für schlechtere Zeiten zu betreiben. Abschließend stellte Polzin fest, dass es sich insgesamt um einen sehr eng gestrickten Haushalt handele. Deshalb gebe es auch keine eingeplante Tilgung, zumal man nicht davon ausgehen könne und dürfe, dass die Risiken der Euro-Krise bereits überwunden seien. Pessimisten hätten in dieser Frage übrigens den Vorteil, dass sie entweder recht behielten oder aber angenehme Überraschungen erlebten.

Letzter regulärer Redner war SPD-Haushaltsexperte Tilo Gundlack. Haushalte ohne Neuverschuldung seien inzwischen ein Markenzeichen der SPD-geführten Landesregierungen in M-V. Vorausschauendes Handeln gelte eben nicht nur im Verkehr als Tugend, sondern auch beim Haushalten. Auch Gundlack würdigte noch einmal das Bildungspaket, das mit der Verbeamtung von Junglehrern bereits enormen Zulauf im aktuellen Bewerbungsverfahren gebracht habe. Bei den Werftenbürgschaften habe man unter Einbeziehung aller Optionen incl. Rückbürgschaften des Bundes und Bankenfinanzierung ein Volumen von 500 Mio. Euro. Die Kritik der Opposition am Verfahren zur Einbeziehung des Finanzausschusses zeuge hingegen von Angst vor der Verantwortung. Er selbst hege die berechtigte Hoffnung, dass mit den Mitteln beispielsweise die Umstellung von Nordic Yards zum maritimen Dienstleister gelingt. Die Einbringung des Haushaltes sollte die Beratungen in den Ausschüssen im Übrigen nicht vorwegnehmen. Der Fahrplan sei verabredet, so dass der Haushalt zum 1.1.2014 inkrafttreten könne. Wenn die Opposition wie angekündigt jede Menge Anhörungen wolle, dann müsse sie eben fleißig sein. Eine vorläufige Haushaltsführung ins Jahr 2014 hinein sei jedenfalls nicht im Interesse der Menschen im Land.

Nach Abschluss der ersten Rederunde spielte die LINKE das altbekannte Spiel und schickte alle Fachpolitiker ans Pult, die sich völlig überflüssig bereits vor den Beratungen in den Ausschüssen mit Detailfragen auseinander setzten und dabei eifrig ins Wahlkampfhorn stießen. Angesichts teilweise hanebüchener und sachlich falscher Anschuldigungen mussten auch noch einmal die Fachpolitiker und Minister der Koalition in Aktion treten, um Dinge richtig zu stellen, darunter auch Bildungsminister Mathias Brodkorb, der eine auf Krawall gebürstete Simone Oldenburg (LINKE) zurechtstutzen musste.

Am Ende stimmten alle demokratischen Fraktionen der Überweisung des Haushaltsentwurfes in die Fachausschüsse und den Finanzausschuss zu.