Wer ins Krankenhaus muss, erwartet kompetente Ärzte, Schwestern und Pfleger - egal ob in Bayern, Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern. Tatsächlich gibt es aber seit 16 Jahren eine wichtige medizinische Tätigkeit im OP-Bereich, für die es weder ein offiziell anerkanntes Berufsbild, noch eine bundeseinheitliche Ausbildungsregelung gibt: die sogenannte Operationstechnische Assistenz. Verschlafen hat so eine Regelung der Bundestag, dem seit 2010 eine bereits beschlossene Bundesratsinitiative vorliegt. Der Landtag hat heute einen erneuten Weckruf nach Berlin geschickt...
Mit ihrem Antrag "Bundeseinheitliche Regelung für das Berufsbild der Operationstechnischen Assistenz" (Drs. 6/388) haben die Koalitionsfraktionen heute die Schaffung einer
bundeseinheitlichen Ausbildungsregelung zum Berufsbild der Operationstechnischen Assistenz gefordert. Bereits im Februar 2010 hatte der Bundesrat auf Initiative Nordrhein-Westfahlens, des Saarlands und Hamburgs einen Gesetzentwurf über den Beruf des Operationstechnischen Assistenten und zur entsprechenden Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (Bundesratsdrucksache 28/10)“ dem Bundestag zugeleitet. Dieser Gesetzesantrag wurde aber bis heute nicht beraten. Um eine regionale Zersplitterung des Heilberufswesens zu verhindern, wird eine bundesrechtliche Regelung für das Berufsbild der Operationstechnischen Assistenz (OTA) von der Koalition als dringend erforderlich angesehen.
In ungewohnter Rolle präsentierte SPD-Wirtschaftsexperte Jochen Schulte den Antrag. Zur Erklärung führte er an, dass er auf einer Ausbildungsmesse der Gesundheitswirtschaft auf das Thema aufmerksam gemacht worden sei. Bis dahin, gab Schulte zu, habe er nicht gewusst, dass es den Beruf der Operationstechnischen Assistenz überhaupt gebe. Schuld daran könne allerdings auch sein, dass eine Initiative, diesen Beruf öffentlich anzuerkennen und damit auch ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, seit längerer Zeit im Bundestag schlummere. Eine vom Bundesrat dorthin überwiesene Gesetzesinitiative sei immer noch nicht beraten worden. Derzeit gebe es jedenfalls den unbefriediegenden Zustand, dass es zwar einerseits eine Vielzahl von Bewerberinnen und Bewerbern für diesen Beruf gebe, es andererseits aber an einer vernünftigen Anerkennung und Einstufung des Berufsbildes fehle. Derzeit finde die Anerkenung lediglich auf Grundlage einer Empfehlung der Deutschen Krankenhausgesellschaft statt, die regional sehr unterschiedliche landesrechtliche Ausprägungen erfahre. Das löse Verunsicherung aus. Insofern sei man es den jungen Leuten schuldig, dass endlich entsprechende bundesweite Regelungen getroffen werden - und zwar, bevor die Gesetzesinitiative durch die kommende Bundestagswahl der Diskontinuität anheimfalle.
Sozialministerin Manuela Schwesig zeigte sich dankbar, dass durch die Debatte noch einmal aufgezeigt werde, dass es innerhalb der medizinischen Fachberufe eine enorme Entwicklung und eine Verbreiterung des Spektrums gebe. Schon deshalb müssten derartig komplexe Fachberufe aufgewertet und für bundesweite Durchlässigkeit gesorgt werden. Der Beruf der OTA sei bereits etabliert, man bilde bereits seit 1996 aus. Im Sinne des Patientenschutzes, aber auch im Interesse einer gesicherten Finanzierung nach Einführung der Fallpauschalen brauche man nun eine bundeseinheitliche Regelung. Erfreulicherweise hätten die zuständigen Gesundheitspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion inzwischen das Signal erhalten, dass nach Beschlussfassung im Bundestag noch in diesem Jahr auf Grundlage einer bundesrechtlichen Regelung ausgebildet werden könne. Trotz dieser guten Nachricht sei es wichtig, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen, um den sanften Druck aufrechtzuerhalten.
LINKEN-Politiker Torsten Koplin konnte dem Antrag im Grunde ebenfalls folgen. Der Antrag sei allerdings auch ein Dokument des Scheiterns der letzten Bundesregierungen, die es in allen möglichen Konstellationen nicht geschafft hätten, das Problem zeitnah anzupacken und stattdessen diplomatische Noten ausgetauscht hätten.
Maika Friemann-Jennert von der CDU klärte darüber auf, dass OTA selbstverständlich auch ein Männerberuf sein könne. Bei der Entwicklung eines einheitlichen Ausbildungskonzeptes und Berufsbildes müsse man allerdings auch im Auge haben, dass der Abschluss eine Perspektive bieten müsse. Das reiche von einer weiteren Qualifikation über durchlässige Rahmenbedingungen bis hin zu attraktiven Karrierechancen. Sonst würde es Probleme geben, die offensichtlich dringend gesuchten Fachkräfte bzw. ausbildungswilligen Jugendlichen für diesen Beruf zu gewinnen.
Silke Gajek von den Bündnis-Grünen stellte die Behauptung auf, dass das Berufsbild des Operationstechnischen Assistenten sehr eingeschränkt sei. Die Krankenhäuser würden sich an den OTA gesund sparen, weil sie aufgrund der begrenzten Einsetzbarkeit auch nicht so gut bezahlt werden müssten. Die Grünen plädierten deshalb für eine grundsätzlich modular angelegte Ausbildung mit Spezialisierungs- und Entwicklungsmöglichkeiten.
Die letzten Äußerungen Gajeks kommentierte Jochen Schulte abschließend mit der Feststellung, dass die GRÜNEN offensichtlich entweder 100 % oder gar nichts wollten. Mit dieser Einstellung wäre aber niemandem geholfen.
Koalitionsfraktionen und LINKE stimmten dem Antrag schließlich zu, die Bündnis-GRÜNEN votierten dagegen.