Am 17. Juni verleiht die SPD-Landtagsfraktion zum zehnten Mal den Johannes-Stelling-Preis für engagiertes Eintreten gegen Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Eine Jury, bestehend aus dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Norbert Nieszery, Ministerpräsident Erwin Sellering, dem Rechtsextremismus-Experten der SPD-Fraktion Julian Barlen, dem Vorsitzenden des Landesseniorenbeirates, Bernd Rosenheinrich sowie Friedhelm Heibrock, Geschäftsführer des Landesjugendrings MV, hat dafür drei geeignete Kandidaten nominiert.
SPD-Fraktionsvorsitzender Dr. Norbert Nieszery: „Die Jury konnte aus einer Vielzahl von sehr guten Vorschlägen auswählen. Das verdeutlicht eindrucksvoll, das es überall in unserem Land Einzelpersonen, Vereine oder Institutionen gibt, die sich für Demokratie, ein friedliches Zusammenleben und die Integration von Flüchtlingen einsetzen. Insgesamt sind 15 verschiedene Vorschläge eingereicht worden. Dabei ist der Jury die Auswahl der drei Nominierten sehr schwer gefallen. Viele hätten es verdient, gewürdigt zu werden. Die drei Kandidaten stehen somit auch stellvertretend für das starke zivilgesellschaftliche Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger in unserem Land."
Wer von den drei Nominierten den mit 2.000 Euro dotierten Johannes-Stelling-Preis erhält, wird im Rahmen der feierlichen Preisverleihung am Mittwoch, den 17. Juni um 18.00 Uhr im Schweriner Schloss bekannt gegeben.
Folgende drei Vorschläge wurden von der Jury ausgewählt:
Reinhard Knaack
Der ehrenamtliche Bürgermeister der Gemeinde Lalendorf ist bekannt geworden durch seine couragierte Weigerung, einer Familie mit rechtsextremer Weltanschauung aus dem Ort eine Ehrenurkunde sowie eine Geldspende des damaligen Bundespräsidenten Wulff für ihr siebtes Kind zu überreichen.
Doch das Engagement von Reinhard Knaack reicht weit darüber hinaus. Seit Jahren kämpft er standhaft und mutig gegen die rechte Szene in und um Lalendorf. Dabei zeigt er sich unbeeindruckt von persönlichen Diffamierungen und Drohungen der Rechtsextremisten. Als ‚Motor' zahlreicher zivilgesellschaftlicher Projekte in Lalendorf hat er maßgeblich dafür gesorgt, dass freiheitlich-demokratische Netzwerke enstanden sind und sich die rechte Szene zurückziehen musste. Zudem arbeitet auf Initiative von Reinhard Knaack die Gemeinde Lalendorf seit 2012 im Rahmen des Programms „Bürger.Innen.Land. Für eine aktive Zivilgesellschaft in Mecklenburg-Vorpommern" mit der Herbert-Quandt-Stiftung zusammen und fördert vor Ort Projekte in den Bereichen Kultur, Bildung, Zusammenhalt, Sport, Jugendarbeit.
Karen Larisch
Die ehrenamtliche Vertreterin im Güstrower Stadtvertretung zeichnet sich durch ihre langjährige soziale und zivilgesellschaftliche Arbeit in Güstrow und im Landkreis Rostock aus.
In der von der rechtsextremistischen Siedlungsbewegung besonders betroffenen Gegend rund um Güstrow ist ihre klare Haltung gegen die Neonazis beispielhaft. Die von ihr weitgehend koordinierte Unterstützungsarbeit für Flüchtlinge in Güstrow geht einher mit ihrer langjährigen Familienarbeit für sozial benachteiligte Kinder, Jugendliche und mit Schwierigkeiten aller Art kämpfende Familien in dem von ihr aufgebauten und geleiteten Familienzentrum Villa Kunterbündnis im Zentrum der Barlachstadt. In ihrem solidarischen Engagement für von rassistischer Gewalt oder Einschüchterung Betroffene lässt sie sich nicht beirren, auch wenn sie und ihre Familie schon mehrfach selbst zur Zielscheibe entsprechender Aktionen durch Kameradschaften und NPD-Politiker wurde.
Mit ihrem couragierten und nimmermüden Engagement ist Karen Larisch inzwischen von zentraler Bedeutung für den Erfolg der wachsenden solidarischen Koordinierung zwischen zivilgesellschaftlichen Bündnissen in ganz Mecklenburg-Vorpommern.
„Netzwerk Neue Nachbarn" Groß Lüsewitz
Die Initiative zur Integration von Flüchtlingen ist landesweit beispielgebend für gelebte Hilfsbereitschaft und eine Willkommenskultur vor Ort. Sie gründete sich spontan auf einer Einwohnerversammlung in Groß Lüsewitz zur bevorstehenden Aufnahme von Asylbewerbern. Durch das mutige und beherzte Auftreten mehrerer Teilnehmer/innen gelang es schnell, die negative Stimmung zu kippen und den Menschen, die Ängste vor dem vermeintlich Fremden zu nehmen.
Sehr bald bildete sich ein Netzwerk: Kirchenmitglieder und andere Ehrenamtler werben seitdem um Verständnis für die schwierige Situation und schlimmen Erlebnisse der Flüchtlinge in der Heimat. Besonders mit dem Verweis auf die Situation im Jahr 1945, „Erinnert ihr euch daran, wie ihr selbst fliehen, eure Heimat verlassen musstet?", ist in Groß Lüsewitz eine große Solidarität der Bürger/innen mit den Flüchtlingen im Ort gewachsen. Mit großem Erfolg werden mittlerweile Spenden gesammelt, z. B. Handtücher, Bettwäsche oder Schulsachen für die Kinder.
Einen Schwerpunkt der ehrenamtlichen Arbeit bildet die Vermittlung der deutschen Sprache. Jeden Montag und Donnerstag unterrichten Mitglieder des Netzwerks unentgeltlich Flüchtlinge aus Eritrea, Afghanistan, Tschetschenien oder der Ukraine. Mit den Schulen im Umkreis gibt es zudem die Absprache, dass die Kinder bereits zwei Wochen nach ihrer Ankunft die Schulbank drücken dürfen. Fazit des Netzwerks nach rund 18 Monaten: "Die Menschen können wunderbar integriert werden – wenn wir sie lassen."