Heute hat die Hans-Böckler-Stiftung eine Studie zur Erhöhung des Mindestlohns herausgegeben und plädiert für die Erhöhung. Jochen Schulte, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag-Mecklenburg-Vorpommern, sieht in der Studie eine Bestätigung für die Zahlung von guten Löhnen:
„Wer arbeitet, muss dafür auch gut bezahlt werden. Das gehört für uns zum Respekt vor dem Geleisteten der Beschäftigten im Land. Es ist auch politischer und gesellschaftlicher Sprengstoff, wenn Leute immer aufs Neue erleben, dass sie trotz unermüdlichen Ackerns einfach nicht von der Stelle kommen. In Mecklenburg-Vorpommern haben wir gemessen an anderen Bundesländern noch zu niedrige Löhne. Darum kämpfen wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten als größte Fraktion im Landtag und in Regierungsverantwortung gemeinsam mit den Gewerkschaften weiterhin um gute Löhne. Arbeit muss sich lohnen und zwar für die, die arbeiten gehen. Egal in welcher Branche.
Die von der Böckler-Stiftung herausgegebene Studie aus dem Bereich Volkswirtschaftslehre, Makroökonomik und Wirtschaftspolitik der Universität Mannheim stützt unsere Auffassung, wonach die Wirtschaft eine Erhöhung des Mindestlohns verkraften könnte. Sie bekräftigt unsere Forderung, den Mindestlohn auf zwölf Euro anzuheben. Diesen brauchen wir auch. In einigen Branchen ist der Fachkräftemangel bereits heute eklatant. Viele Unternehmen beklagen sich, dass sie keine oder kaum Fachkräfte finden. Verschärft hat sich die Lage nochmals durch die Corona-Pandemie beispielsweise im Dienstleistungsbereich und im Gastgewerbe. Ein Weg, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist es diese Arbeitsplätze für mögliche Bewerber*innen durch bessere Löhne interessanter zu gestalten.
Zwölf Euro Mindestlohn sind ein Schritt in die richtige Richtung. Aber wir reden von der absoluten Untergrenze, die dennoch eine sofortige Lohnverbesserung für zehn Millionen Menschen wäre und viele aus Armutsverhältnissen herausholen würde. Das entbindet nicht davon, dass wir insgesamt auch mehr Tarifbindung und eine bessere Bezahlung brauchen. Denn natürlich stimmt auch: Ein Mindestlohn von zwölf Euro wird nicht dazu führen, dass große Sprünge gemacht werden können.
Eigentlich haben das bereits alle bei uns in Mecklenburg-Vorpommern erkannt. Ein positives Beispiel liefert die Hotel- und Gastronomiebranche unseres Landes. So liegt beispielsweise seit 2019 ein abgeschlossener Tarifvertrag für das Gastgewerbe in MV vor. Hotel- und Gaststättenverband MV hat sich mit der Gewerkschaft für Nahrung- und Genussmittel auf einen für beide Seiten akzeptablen Tarifabschluss geeinigt. So sieht gelebte Tarifautonomie aus. Wenn wir eine solche, für unser Land wichtige Branche allerdings insgesamt interessanter machen wollen, dann sollte dieser Tarifvertrag auch in der gesamten Breite der Branche Anwendung finden. Der Weg hierzu läge in einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung des betreffenden Tarifvertrages. Der Tarifvertrag würde damit für alle Beschäftigten der Branche gelten. Ein Ziel, das durchaus erreichbar scheint, wenn Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und das Landes-Wirtschaftsministerium bereit sind, diesen Weg gemeinsam zu gehen. Ein Weg, der alle Tarifvertragsparteien stärkt. Er könnte nicht gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte in vielen Fällen zu mehr Lohn und den Unternehmen unseres Landes zu interessierten, neuen Fachkräften verhelfen.
Unterm Strich ist eine gute Entlohnung nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und der Anerkennung der Leistung der Beschäftigten, es ist auch eine Frage der ökonomischen Vernunft. Ohne angemessene tarifliche Entlohnung wird die Nachfrage nach Fachkräften immer schwerer zu decken sein und der Bestand vieler Betriebe auf Dauer gefährdet sein.“
03. September 2021