SPD Landtagsfraktion Mecklenburg Vorpommern

Zur heutigen Aussprache im Landtag anlässlich der rassistischen Ausschreitungen am Rostocker Sonnenblumenhaus in Lichtenhagen vor 30 Jahren erklärt Julian Barlen, Fraktionsvorsitzender der SPD-Landtagsfraktion:

„30 Jahre Lichtenhagen sind Anlass zur Erinnerung und Mahnung an das Trauma und die Perspektive der Betroffenen und Opfer sowie das Versagen von Staat, Medien und Teilen der Zivilgesellschaft. Wenn wir heute mit dem Abstand von drei Jahrzehnten an die rassistischen Pogrome im August 1992 erinnern, dann gilt es, das Versagen von damals zum Anlass zu nehmen, es heute und morgen besser zu machen.

Hass gegen Menschen, Rassismus und die Abwertung ganzer Bevölkerungsgruppen haben nichts in unserer Gesellschaft verloren. Und doch sind sie da und werden eben nicht nur von einer kleinen radikalen Minderheit geteilt. Alltagsrassismus ist ebenso eine Bedrohung unseres demokratischen Miteinanders. Auch die Breite und die Mitte der Gesellschaft ist hierfür empfänglich.

Das Gedenken an Lichtenhagen mahnt uns, dass das Gewaltmonopol des Staates, dessen Ziel und Aufgabe es ist, Würde und Unversehrtheit aller Menschen zu schützen, immer und unter allen Umständen erfüllt werden muss. Hierfür benötigen Polizistinnen und Polizisten die notwendigen Voraussetzungen, diese Aufgabe zu erfüllen. Katastrophale Fehleinschätzungen wie 1992 dürfen sich nicht wiederholen.

Für uns im Land muss ein friedvolles Zusammenleben oberstes Ziel sein. Es ist am Ende des Tages entscheidend und Verantwortung von Politik und Verwaltung, wie gerade mit den Schwachen und Schwächsten der Gesellschaft umgegangen wird, wie Inklusion und Integration angestrebt und auch umgesetzt werden, wie die öffentliche Daseinsvorsorge den Lebensbedürfnissen aller Menschen gerecht wird, ungeachtet ihrer Herkunft.

Lichtenhagen mahnt uns, wie wichtig freie und unabhängige Medien sind, die sich ihrer Rolle in der freiheitliche-demokratischen Grundordnung, sich ihrer Verantwortung für eine freie Gesellschaft bewusst sind. Ressentiments oder rassistische Stereotype und die zugehörige Sprache und Bildsprache haben nichts, aber auch gar nichts in öffentlichen Medien verloren. Das betrifft im besonderen Maße die professionellen Akteure wie Journalistinnen und Journalisten, betrifft Fernsehen und Zeitungen.

Das betrifft in jüngster Zeit aber auch in besonderem Maße die sozialen Medien, in denen unter dem vermeintlichen Deckmantel der Neutralität gehetzt wird. Werden soziale Netze aber von Hass und Rassismus bestimmt, werden sie am Ende gar zu asozialen Netzen, dann haben sie ihre Existenzberechtigung verloren.

Das Gedenken an Lichtenhagen 1992 erinnert uns und ermahnt uns alle, was Menschen aufgrund blinden Hasses bereit und in der Lage sind, anderen Menschen anzutun. Und auch daran, dass wir alle gefragt sind, so etwas nie wieder geschehen zu lassen.

Gedenken heißt ebenso, allen in Rostock, in MV und darüber hinaus zu danken, die damals, heute und morgen genau diese Erinnerung und Mahnung wachhalten! Die solidarisch sind mit den Opfern und zudem bereit, Rassismus, Hass und Gewalt aktiv die Stirn zu bieten.“

Kontakt
  • Fraktionsvorsitzender
  • Sprecher für Strategien für Demokratieförderung und Extremismusbekämpfung