Mit dem Thema "Mehr Arbeitsplätze - weniger Arbeitslose in Mecklenburg-Vorpommern" hat die CDU-Fraktion heute die Aktuelle Stunde im Landtag als vorzeitigen Wahlkampfauftakt inszeniert. Denn nicht die üblicherweise redenden Fachsprecher der CDU-Fraktion gingen ans Rednerpult, sondern der Parteivorsitzende und Spitzenkandidat Lorenz Caffier.
Lorenz Caffier, der sich als Innenminister in ungewohnten Gefilden bewegte, wartete in seiner Rede mit durchaus beeindruckenden Zahlen auf, wie etwa 7.000 weniger Arbeitslosen innerhalb des letzten Jahres und 3.000 zusätzlichen sozialversicherungspflichtigen Stellen im selben Zeitraum. Seit 2006, also mit Beginn der christdemokratischen Regierungsbeteiligung, sei die Arbeitslosenquote von 21 % auf nunmehr 15 % gesunken. Dabei wies er Vorwürfe zurück, dass diese Entwicklung ausschließlich demografischen Aspekten geschuldet sei, auch wenn diese natürlich eine Rolle spielten. Im zweiten Teil seiner Rede schoss sich Caffier dann auf die LINKE ein. Sie habe unter Arbeitsminister Holter 150 Mio. € im zweiten Arbeitsmarkt versenkt, ohne einen einzigen Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Auch Forderungen nach einem Mindestlohn kritisierte Caffier. Faire Löhne seien das Ergebnis erfolgreicher Tarifverhandlungen. Alles andere sei unrealistisch, weil es wirtschaftliche Entwicklungen ausblende. "Sozial sei," so ein nicht gerade neuer CDU-Slogan, "was Arbeit schaffe."
LINKEN-Chef Helmut Holter, der Caffier ironisch als "arbeitsmarkpolitischen Sprecher der CDU" bezeichnete, empfahl den Christdemokraten, sich einmal mit Vertretern von Beschäftigungsgesellschaften zu unterhalten. Wer glaube, dass man in Zeiten geringerer Arbeitslosigkeit weniger arbeitsmarktpolitische Intrumente brauche, irre nämlich gewaltig. Und so sehr man sich auch als LINKE über eine zurückgehende Arbeitslosigkeit freuen könne, so sehr wisse man auch um die statistischen Probleme. So fehlten in den Übersichten Langzeitarbeitslose über 58 Jahren, Ein-Euro-Jobber, arbeitslose Kranke und Menschen in Fortbildung. Holter wiederholte erwartungsgemäß auch das Bekenntnis seiner Partei zum Mindestlohn. Das kürzlich von der Koalition verabschiedete Vergabegesetz helfe in dieser Frage nicht weiter. Der CDU warf er vor, bei ihrer Lobpreisung des ersten Arbeitsmarktes davon auszugehen, dass wenig lukrative gesellschaftliche Aufgaben, besonders im sozialen Bereich, im Ehrenamt erledigt würden. Das sei ein merkwürdiges Gesellschaftsbild.
Ministerpräsident Erwin Sellering nannte "Arbeit schaffen" die wichtigste politische Aufgabe seiner Landesregierung. Er sprach von einer erfreulichen Entwicklung und den niedrigsten Arbeitslosenzahlen seit der deutschen Einheit. Anders als Caffier schrieb er den Zuwachs bei den Beschäftigten nicht nur der Politik der aktuellen SPD-CDU-Koalition, sondern auch wichtigen Weichenstellungen der vorhergehenden rot-roten Landesregierung zu. Sellering nannte neben Tourismus, Landwirtschaft, Logistik und Handwerk auch die Gesundheitswirtschaft und die erneuerbaren Energien als entscheidende Wachstumsmotoren im Land. Erneuerbare Energien seien hierzulande Chefsache des Ministerpräsidenten. Nachdem konservative Kräfte im Land noch vor nicht allzu langer Zeit alles getan hätten, um Erneuerbare Energien ins Lächerliche zu ziehen, sehe dies inzwischen anders aus, aber die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke sei ein echter Hemmschuh für Innovation und die Schaffung neuer Arbeistplätze im Bereich der Erneuerbaren Energien. Sein 5-Punkte-Plan für die Energiewende sei inzwischen von allen norddeutschen Ministerpräsidenten übernommen worden, das sei ein wichtiges Signal - auch und gerade in Richtung Berlin. Beim Thema Mindestlohn seien die Unternehmen des Landes im Übrigen weiter als manche Partei, stichelte der Ministerpräsident gegen den Koalitionspartner, kritisierte dann aber auch die LINKE mit dem Hinweis, dass deren Klammern am zweiten Arbeistmarkt altes Denken sei und es etwas mehr Mut bedürfe, neue Wege zu gehen.
Der politisch angeschlagene Liberalen-Fraktionschef Michael Roolf freute sich auch über sinkende Arbeitslosenzahlen, wünschte sich aber, dass diese auf dem Niveau Brandenburgs oder Sachsen-Anhalts lägen. Er nannte es "altes Denken", wenn Politiker glaubten, Arbeitsplätze schaffen zu können. Es seien immer die Unternehmer, die dies täten und gerade das Handwerk habe trotz Krise an den Mitarbeitern festgehalten, dies sei allerdings nicht ausreichend gewürdigt worden. Zum Mindestlohn sagte Roolf, dass die Tarifautonomie klare Regelungen für die Entlohnung beinhalte und gute Fachkräfte oft viel mehr verdienen würden, als der jeweilige Tarifvertrag vorschreibe.
Wirtschaftminister Jürgen Seidel bot eine sachliche Aneinanderreihung von Fakten. Die Äußerung Roolfs, dass das Handwerk aus eigener Kraft die Arbeitsplätze während der Krise erhalten habe, relativierte er aber deutlich. Es habe nämlich kluge Entscheidungen in Berlin zur Kurzarbeit und zum Konjunkturpaket gegeben, die vom sozialdemokratischen Arbeitsminister Olaf Scholz teilweise direkt auf Handwerker zugeschnitten gewesen seien, um den Betrieben über die Krise zu helfen. Trotz Konzentration auf den ersten Arbeitsmarkt erkannte der Minister an, dass es etwa 25.000 Menschen im Land gebe, für die Maßnahmen (wie beispielsweise Bürgerarbeit) zur Verfügung gestellt werden müssten.
SPD-Arbeitsmarktexperte Jochen Schulte bescheinigte Sellering und Seidel, sich dem Thema sachlich genähert zu haben. Ansonsten seien gute Arbeistmarktzahlen wie runde Geburtstage: Man feiere sie und am nächsten Tag sei wieder Alltag. Die grundlegende Frage sei nach Schultes Ansicht die weitere demografische Entwicklung, sie entscheide über Fachkräfte und deren Nachwuchs. Ansonsten kritiserte Schulte am Schluss der Debatte noch die Reduzierung der Bundesmittel für die Existenzgründung von Arbeitslosen. Entgegen oft aufgestellter Behauptungen sei eine Vielzahl der Existenzgründungen erfolgreich gewesen.