In seiner Aktuellen Stunde zum Thema "Solarkürzungen gefährden Energiewende und Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern" hat der Landtag heute auf Initiative der SPD-Fraktion über die aktuellen Entwicklungen rund um die von Schwarz-Gelb auf Bundesebene geplanten Veränderungen bei der Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) debattiert. Dabei stellte sich heraus, dass die CDU-Fraktion bei der Verteidigung der abrupten Kürzungen bei der Photovoltaik ziemlich alleine da stand...
SPD-Energieexperte Rudolf Borchert kritisierte die zwischen CDU-Umweltminister Norbert Röttgen und FDP-Wirtschaftsminister Phillip Rösler vereinbarten Kürzungen bei der Einspeisevergütung um bis zu 40 Prozent scharf. Das Vorhaben sei ein klarer Verstoß gegen den Vertrauensschutz und gefährde Arbeitsplätze. So betreffe die Entscheidung mehrere hundert Stellen bei der Herstellerfirma CentroSolar in Wismar sowie in vielen Handwerksbetrieben, die teilweise schon in Vorleistung gegangen seien und nun von der Kehrtwende in der Energiepolitik kalt erwischt würden. Die Bundesregierung verbreite wieder einmal wirtschaftsfeindliches Chaos und setze den Bestand einer Zukunftsbranche aufs Spiel. Auch die SPD sei dafür, die Förderung der Photovoltaik an die Marktentwicklung anzupassen, allerdings mit berechenbaren Fristen, wie es im EEG vorgesehen sei. Mit Hinweis auf die zurückhaltenden Äußerungen des Koalitionspartners CDU in dieser Frage zählte Borchert eine Reihe von Unionsspitzenpolitikern aus Ost und West auf, die sich deutlich gegen die abrupten Kürzungspläne ausgesprochen hatten. Sie hätten bereits angekündigt, das Gesetz im Bundesrat zu stoppen, dem sollte sich die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern anschließen.
Dr. Mignon Schwenke (Die LINKE) warf den Koalitionsfraktionen zunächst vor, ihre internen Konflikte in der Aktuellen Stunde auszutragen. Die SPD wolle mit der Wahl des Themas offensichtlich ihr schlechtes Gewissen beruhigen, das sie zwangsläufig beschleichen müsse, wenn sie morgen den gemeinsamen Antrag von LINKEN und GRÜNEN zum gleichen Thema aus Gründen der Koalitionsraison ablehnen müsse. Besser wäre ein gemeinsamer Antrag aller demokratischen Fraktionen gewesen. Zur Sache sagte sie, dass es Wahnsinn sei, die Photovoltaik gerade jetzt auszubremsen. Offensichtlich sollten die großen Energiekonzerne für die Abschaltung der Atomkraftwerke entschädigt werden. Dafür würde man betriebswirtschaftliche Planungszeiträume komplett ignorieren und Auftragseinbrüche von 50 bis 60 % sowie geplatze Finanzierungen hinnehmen. Gerade die Parteien, die sonst immer so stolz auf die mittelständischen Unternehmen seien, ließen diese jetzt kommentarlos im Regen stehen.
CDU-Wirtschaftsexperte Wolfgang Waldmüller verwies auf die geplante Entlastung der Verbraucher durch die Absenkung der Einspeisevergütung. Mit immerhin 25 Gigawatt Strom aus Solaranlagen sei die Photovoltaik eine Erfolgsgeschichte. Diese koste den Verbraucher über die EEG-Umlage aber jährlich 6 Mrd. € - und das noch mindestens über die kommenden 20 Jahre. Die Akzeptanz sinke aber bei steigenden Verbraucherpreisen, und die Photovoltaik sei inzwischen ein Massenmarkt, der nicht mehr dauerhaft subventioniert werden könne. Durch die Entscheidung vieler Investoren für Solarmodule aus Asien fördere das EEG inzwischen eher Arbeitsplätze in China und Indien als in Deutschland. Im Übrigen sei eine PV-Anlage mit ca. 7 Prozent Rendite immer noch eine gute Investition, zumal es mit abnehmenden Modul- und damit Erzeugungspreisen interessant werde, den Strom selbst zu verbrauchen.
Johann-Georg Jaeger von den Bündnis-Grünen kristisierte insbesondere den Zeitpunkt der Entscheidung. Die Branche habe nach dem großen Investitionhype zum Jahresende ohnehin Saure-Gurken-Zeit und sei nun doppelt gebeutelt. Die Tatsache, dass zukünftig nur noch 90 bis 85 % der Strommenge vergütet werden solle, stelle zudem einen kompletten Systemwechsel dar. Die Kürzungspläne würden auch dazu führen, dass sich Solar-Investionen nur noch in den sonnenreicheren Gebieten im Süden lohnen würden, während man im Norden einseitig auf Wind setzen werde. Damit würden die Probleme beim Energieaustausch noch verschärft und das Gebot der dezentralen Versorgung untergraben. Wenn die EEG-Umlage ab 2013 auf über 4 Cent pro KWh steigen sollte, sei es im Übrigen eine Frage der Gerechtigkeit, auch die Großverbraucher wieder am EEG zu beteiligen.
Ministerpräsident Erwin Sellering nannte es deprimierend, dass die Bundesregierung ihre Hebel ausgerechnet beim Solarstrom ansetze. Das Ziel der Förderung, nämlich die Marktfähigkeit der Solarbranche zu erreichen, sei noch nicht ereicht. Deswegen käme es darauf an, die allmähliche Absenkung mit Augenmaß durchzuführen und nicht im Hauruckverfahren. Ostdeutschland sei aufgrund seiner Wirtschaftsstruktur besonders auf Solarindustrie angewiesen. Deshalb werde er mit den anderen Ostländern gemeinsam agieren, um die geplanten Änderungen zu verhindern. Die als Kompromiss angebotene Verschiebung der Kürzung auf den 1. April 2012 reiche nicht aus. Mecklenburg-Vorpommern packe in Sachen Erneuerbare Energien auch ohne extra Förderung bereits sehr engagiert an: So würden Eignungsflächen besonders schnell ausgewiesen, Produktionsstandorte könnten an der Kaikante entstehen, und es gebe bereits 100 Anmeldungen für Bioenergiedörfer. Es könne aber nicht sein, dass das Land Millionen für Maßnahen einsetze, die Sache des Bundes seien. Das gelte z.B. für die Vorgaben zur energetischen Gebäudesanierung oder für das Thema Solar auf öffentlichen Gebäuden.
Zum Abschluss der Debatte gingen noch zwei Warener in die Bütt: Ex-Wirtschaftsminister Jürgen Seidel zeigte sich verwundert über das Engagement der LINKEN, deren Wählerschaft sich wohl kaum Solaranlagen aufs Dach bauen würde und stattdessen als ohnehin finanzschwache Verbraucher lediglich die EEG-Umlage zahlen müsste. Außerdem dürfe man bei den wirtschaftlichen Problemen des Mittelstandes nicht nur die der Solar-Installateure sehen. Stromintensive Kleinbetriebe, wie z.B. Bäcker oder Wäschereien litten unter der EEG-Umlage, während sich die Solarbranche zeitweise eine goldene Nase verdient hätte. Der zweite Warener, Rudolf Borchert, sprach in seinem zweiten Redebeitrag von einer Mär bezüglich der Entlastung des Verbrauchers durch die Absenkung der Einspeisevergütung. Gerade mal 4 € pro Jahr und Haushalt würden dabei herauskommen. Dieser Betrag stehe in keinem Verhältnis zur Zerstörung von Wertschöpfung in der Solarwirtschaft.