SPD Landtagsfraktion Mecklenburg Vorpommern
Heute hat der Landtag über den jetzt vorliegenden Zwischenbericht des Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Aktivitäten des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) in Mecklenburg-Vorpommern beraten. Seit Mitte 2019 hat der Landtag versucht, die Umstände der Morde, das Netzwerk etwaiger Unterstützer*innen des rechtsterroristischen Trios und die Aktivitäten der Sicherheitsbehörden zu erforschen. Dazu erklärt Susann Wippermann, Obfrau der SPD-Fraktion im Untersuchungsausschuss: 
„Leider können wir dem Landtag heute keinen Abschlussbericht präsentieren. Die parlamentarische Aufarbeitung und Untersuchung bleibt aus unterschiedlichen Gründen unvollendet. Heute liegt uns nur der Zwischenbericht vor. Auf knapp 900 Seiten, wenn man die Voten der Fraktionen mit berücksichtigt, stellt er umfänglich und akribisch die gewonnenen Feststellungen als auch den Weg dahin dar. Wenn man bedenkt, dass die Beweisaufnahme durch Zeugenbefragungen erst im September 2019 begonnen hat, ist das Werk doch recht umfangreich. Hiermit schaffen wir zumindest eine wesentliche Grundlage für die Arbeit eines nachfolgenden Untersuchungsausschusses.

Mit Unverständnis müssen wir feststellen, dass das Vertrauen in den Verfassungsschutz des Landes während unserer Arbeit mehrfach und erheblich erschüttert wurde. Während der Vernehmung von Zeug*innen mussten wir mehrfach feststellen, dass die Behörde keine vollständigen Unterlagen vorgelegt hatte, obwohl dazu klare Beweisbeschlüsse gefasst worden sind. Unfassbar auch, dass der Landesverfassungsschutz eigenmächtig die Unterlagen nach ‚wichtig‘ und ‚nicht wichtig‘ eingestuft hatte und ‚nicht wichtige‘ Dokumente nicht vorgelegt hat. Es sollten aber zu jedem Beweisbeschluss alle Unterlagen zum betreffenden Thema abgeliefert werden. Gekrönt wurden diese Eigenmächtigkeiten schlussendlich, als auf Beweismaterial bis dahin dem Ausschuss nicht bekannte Bearbeiter*innen auftauchten. Das Innenministerium hatte es also unterlassen, diese bis dahin als mögliche Zeug*innen zu benennen. Auch das trotz eines vorausgegangenen Beschlusses, sämtliche in Betracht kommende Zeugen aufzuführen.

Es ging uns im Ausschuss nicht vordergründig darum, Einzelnen Fehler vorzuwerfen. Vielmehr war es uns wichtig, strukturelle Defizite bei Ermittlungsbehörden des Landes und Bundes zu identifizieren oder aufzudecken. Damit sich eine solch schreckliche Tatserie nicht wiederholt. Darum kommt für meine Fraktion der Abbruch der weiteren parlamentarischen Aufarbeitung nicht in Betracht.“

Julian Barlen, Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus der SPD-Fraktion: „Kein Schlussstrich unter NSU-Aufklärung in MV – das ist unser Credo für den Stand der Aufarbeitung. Es muss weitergehen. Wir stehen ganz klar für die Fortsetzung der begonnenen und eben nicht abgeschlossenen Untersuchung. Das sind wir den Opfern und den Hinterbliebenen schuldig. Wir stehen noch lange nicht am Ende der Aufarbeitung.

Darum haben wir jetzt das Versprechen an die Familien der Opfer nochmals erneuert, alles zu tun, damit diese rassistische Mordserie des NSU-Terrortrios und die Hintergründe ebenfalls in MV weiter aufgeklärt werden. Dazu müssen wir auch mit dem Ausschuss beitragen. Hierfür müssen die Umstände der Morde, das Netzwerk etwaiger NSU-Unterstützer*innen in Mecklenburg-Vorpommern sowie die Arbeit der Sicherheitsbehörden genau unter die Lupe genommen werden. Das alles ist und bleibt nach wie vor unser Anspruch.

Die bisher unzureichende Aufklärung verlangt nach einer Fortsetzung des NSU-Ausschusses. Wir müssen nüchtern sagen: Es ist so gut wie kein Themenkomplex vollständig abgearbeitet. Der Respekt vor den Opfern des NSU gebietet aber, die begonnene Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses in der nächsten Wahlperiode fortzusetzen. Es darf keinen Schlussstrich geben.

Ungeschönt muss ich auch resümieren: Über die Zeit betrachtet war leider die Kooperationsbereitschaft von Innenministerium und Verfassungsschutz absolut mangelhaft. Zu einigen Fragestellungen liegen geforderte Akten teils in erheblichem Umfang noch immer nicht vor. Auch sind viele Akten bis zur Unkenntlichkeit geschwärzt. Dass das anders und besser laufen kann, zeigt beispielsweise der Thüringer NSU-Ausschuss. Unsere Ausschussarbeit wurde oftmals nicht unterstützt oder durch schleppende Lieferung geschwärzter Akten gar behindert. Dabei werden wir es nicht belassen.“